Jeder, der in seinem Wellnessbereich kosmetische Dienstleistungen anbietet, wird sich immer mal wieder mit der Frage befassen, von welcher Marke er seine Produkte beziehen möchte. Wobei auch schon die nächste Frage aufploppt: Wähle ich Depot-Kosmetik oder entscheide ich mich für Anbieter, deren Produkte ich frei und in beliebiger Stückzahl kaufen kann?

Früher war die Zusammenarbeit mit einem oder mehreren Depotlieferanten Standard in der professionellen Dienstleistungskosmetik. Das Spa oder Kosmetikstudio verpflichtete sich auf eine vertraglich festgelegte Zeit zur Kooperation und dazu, dem Anbieter bei der Erstbestellung bestimmte Mindestmengen an Produkten abzunehmen. Dafür genoss es Vorzüge wie Rabatte, kostenfreie Werbemittel und Produkttester sowie Unterstützung beim Marketing, Gratis-Schulungen und womöglich Gebietsschutz. Der Kosmetikproduzent ging also in einem bestimmten Umkreis keine weiteren Geschäftspartnerschaften mit Mitbewerbern ein, so dass man die Marke quasi als Alleinstellungsmerkmal für die Kosmetikerin/das Spa betrachten konnte. Auch das Nachbestellen von Produkten in bedarfsgerechter Anzahl lief schnell und unkompliziert ab. Man hatte meist einen Ansprechpartner beim Kosmetikhersteller, der auch regelmäßig das Haus besuchte, neue Produkte vorstellte, Schulungen anbot und auch für die Spa-Mitarbeiter ansprechbar war, wenn es Fragen oder Probleme gab. Und es gab Profi-Abfüllungen in Sondergrößen für die Arbeit in der Kabine. Mittlerweile scheuen immer mehr Beauty- und Wellness-Profis derartige Verpflichtungen und bestellen bei Herstellern, die ihre Produkte frei und ohne Bedingungen verkaufen. So kann man eine Marke problemlos jederzeit wieder aus dem Portfolio seines Spas nehmen und eine neue ausprobieren.

Die Wünsche der Gäste miteinbeziehen

Beides hat Vor- und Nachteile. Und wie so oft macht es auch die Mischung. Wir sprachen mit Henrik Schuster, Spa Manager des Severin’s Resort & Spa auf Sylt, über das Thema. Er bestellt die Produkte sowohl bei Depotpartnern als auch bei Marken ohne Depot. Schließlich reicht das Angebot im Spa des Severin’s vom klassischen Facial über Naturkosmetik und Apparative bis hin zu verschiedensten Massagen und Körper-Treatments sowie Ayurveda. Maniküre und Pediküre gehören ebenso zum Spa Menü wie Depilation, Make-up, Männerbehandlungen oder Haarpflege. Dass hier mehrere Produktpartner vonnöten sind, erklärt sich von selbst. Bei der Wahl dieser Partner spielen verschiedene Faktoren eine Rolle, wie Schuster erklärt. Schließlich kommt es auf das Haus und seinen Anspruch an, die Lage und die inhaltliche Ausrichtung. „Wenn wir auf der Suche nach neuen Partnern sind, besinnen wir uns parallel zu unseren Vorstellungen auch auf Wünsche und Anmerkungen unserer Gäste“, so Schuster.

Auch bei der ansprechenden Präsentation des Produktsortiments unterstützt der Depotpartner Spas und Studios. (Bild: shutterstock/Shutterstock.AI Generator)

Damit schärft man nicht nur sein Profil entsprechend der Zielgruppe(n), sondern zeigt den Gästen auch, dass man ihre Bedürfnisse ernst nimmt – ein hervorragendes Kundenbindungsinstrument. In erster Linie sollte aber die Kosmetik, die im Spa verwendet wird, zum Status des Hauses passen. „Unsere Marken ergänzen das Premium-Image und unterstreichen mehrheitlich die naturnahe Lage des Hauses“, erläutert Henrik Schuster. „Uns ist besonders die weitere Entwicklung der Nachhaltigkeit unserer Partner sehr wichtig und in Verbindung mit unserer GreenSign-Zertifizierung* stimmig.“

(*ein Nachhaltigkeitssiegel insbesonders für die Hotellerie, Anm. der Red.)

Mehrwert für alle Beteiligten

Dabei gilt es darauf zu achten, welche Dienstleistungen am häufigsten nachgefragt werden, und diese dann entsprechend mit Arbeitsmaterial auszustatten. Gerade bei großen Mengen macht ein Depot einfach Sinn. Denn so erfüllt man die Mindestabnahmemenge mühelos und profitiert zugleich von Angeboten, Rabattaktionen und all den oben genannten Vorteilen. Gerade der Gebietsschutz kann in Regionen mit vielen Wellnesshotels ein unschätzbarer Vorteil sein, sich nicht nur, sondern auch in Sachen Produktpartner abzuheben und eine Marke als Alleinstellungsmerkmal im Portfolio zu haben. Henrik Schuster achtet bei der Auswahl von Partnermarken außerdem auf den Mehrwert für alle Beteiligten.

„Das Gesamtpaket muss immer den Gast und die Kolleginnen und Kollegen begeistern, da es sonst nicht wohlwollend an den Gast weitergegeben werden kann“

Schneller Service bei Reklamationen sowie flexible und zeitnahe Lieferungen sind ebenfalls Punkte, auf die er Wert legt. All dies gilt es im Vorfeld zu prüfen. Schuster warnt davor, sich nur am Preis zu orientieren. Auch Knebelverträge und unflexible Abnahmezahlen sind für ihn ein No Go. Stattdessen setzt er auf Fairness und eine langfristige Partnerschaft.  Und wie findet man den richtigen Depotpartner? „Gute Möglichkeiten sind hier Fachmessen, Empfehlungen von Kolleginnen und Kollegen sowie ein tolles Netzwerk in der Branche, um immer auf dem neuesten Stand zu sein“, spricht der Spa Manager aus Erfahrung.

Öfter mal was Neues?

Wie viele Partner würde er empfehlen? „Hier kommt es ganz klar auf die Größe und das Konzept des Spas an.“ Bei einer Größe, die dem Severin’s mit seinen 84 Zimmern und Suiten plus fünf Villen gleichkommt, findet er vier bis sechs starke Partner angemessen. „Darüber hinaus kann es eventuell für Gäste und Mitarbeitende unübersichtlich werden.“ Bei nur ein bis zwei Partnern bei gleicher Größe könne hingegen der Eindruck entstehen, dass das Angebot eingeschränkt sei.

Henrik Schuster, Spa Manager des Severin’s Resort & Spa auf Sylt

Und wann ist es an der Zeit, sich von einem Partner zu trennen? „Man sollte regelmäßig prüfen, ob man auf dem richtigen Weg ist. Forschung und Trends entwickeln sich weiter – auf jeden sollte man jedoch nicht aufspringen“, findet Henrik Schuster. Hier ist die richtige Mischung an bedarfs- und zielgruppengerechter Ausstattung, Kontinuität und Innovation gefragt. Und es gibt ja auch noch die Partner ohne Depot, bei denen die Abnahme weder mit der Menge noch mit Vertragslaufzeiten verknüpft ist – ein optimales Experimentierfeld, um Neues auszuprobieren.

Aufmacherbild: shutterstock/Friends-Stock