Der Wellness-Trend Longevity verspricht eine Verlängerung des Lebens durch einen ganz bestimmten Lebensstil. Doch wie genau schafft man es, sein volles Potenzial in Sachen Langlebigkeit auszuschöpfen? Die gute Nachricht: Schon kleine Veränderungen können Großes bewirken.
Der Plan fürs Alter? Jung bleiben. Gesund bleiben und glücklich sein. Das wünschen sich heute viele Menschen ganz bewusst. Da kommt ein Trend wie Longevity gerade richtig. Das englische Buzzword heißt übersetzt soviel wie Langlebigkeit und fasst all das zusammen, was gerade in der Wellnessbranche heiß diskutiert wird: die Maßnahmen, die uns helfen können, länger gesünder zu leben.
Longevity: Was steckt hinter dem Wellness-Trend?
Im ersten Moment klingt das einfach, doch hinter Longevity steckt ein riesiges Forschungsgebiet, das die Ursachen und die Dynamik des Alterns untersucht, wie Experte Professor Dr. Volker Steinkraus vom Dermatologikum Hamburg weiß: „Hierbei geht es zum einen um die genetische Alterung und zum anderen um den Einfluss von Lebensstil oder Krankheiten. Von besonderem Interesse ist, welchen Einfluss bestimmte Verhaltensweisen, Anwendungen, Ernährungsarten, körperliche Aktivitäten, Schlaf, Medikamente, soziale Strukturen oder auch welchen Einfluss das Leben in unterschiedlichen geographischen Regionen auf die Gesundheit und die Lebenslänge haben können.“
Die Ernährung, der Schlaf, die Fitness, aber auch unser Sozialverhalten spielen eine Rolle beim Älterwerden und Glücklichsein.

Ausreichend Schlaf
Schlaf ist essenziell für die Regeneration des Körpers und die Erhaltung der geistigen Gesundheit. Während des Schlafs werden Zellen repariert, das Immunsystem gestärkt und wichtige Prozesse wie die Regulierung von Hormonen und die Konsolidierung von Erinnerungen durchgeführt. Chronischer Schlafmangel kann das Risiko für eine Vielzahl von Erkrankungen wie Herz-Kreislauf-Erkrankungen, Diabetes und neurodegenerative Erkrankungen erhöhen und den Alterungsprozess beschleunigen.
Kann man das Altern wirklich beeinflussen?
Gut untersuchte geographische Beispiele sind die sogenannten „blauen Zonen“ dieser Erde. Sardinien (Italien), Okinawa (Japan), Ikaria (Griechenland), Nicoya (Costa Rica) und Loma Linda (USA) sind fünf Regionen, die geografisch und kulturell weit auseinander liegen und doch eine ganz besondere Parallele aufweisen: Die dort lebenden Menschen werden überdurchschnittlich alt. Daher sind die Gemeinsamkeiten, die Forscher aus diesen „blauen Zonen“ herausfiltern konnten, besonders interessant. Denn warum sollte man nur auf ein langes Leben hoffen, wenn man gezielt – auch schon Jahrzehnte im Voraus – daran arbeiten kann? Wer früh beginnt, auf sich zu achten, hat die besten Chancen, gesund und glücklich zu altern. Denn die Voraussetzungen sind auch in unseren Breitengraden auf jeden Fall da. Durch Faktoren wie Wohlstand, die gute Gesundheitsversorgung, Bildung und Lebensweise werden die Menschen im Schnitt tatsächlich immer älter. Doch wie kann man diese Spanne noch verlängern und gleichzeitig gesund bleiben? Und hat man überhaupt einen ausreichenden Einfluss oder ist man nicht doch vor allem von den eigenen Genen abhängig?
Dazu Professor Steinkraus: „Früher dachte man, dass die Gene eine überragende Bedeutung für die Gesundheit und die Lebensdauer hätten. Heute wissen wir, dass die Epigenetik – jene Faktoren, die die Aktivität unserer Gene steuern – von noch größerer Bedeutung für ein langes Leben in Gesundheit ist. Am Ende geht es darum, wie oft es eine Zelle schafft, sich zu teilen, bevor sie ihren Dienst einstellt.“ Und da spielt besonders der Lebensstil eine zentrale Rolle, denn er kann die Epigenetik beeinflussen – sowohl positiv als auch negativ. Das bestätigt auch Dr. Lukas Kohler vom Studio LVATE München: „Unsere Genetik bestimmt in gewissem Maße, wie schnell wir altern und wie widerstandsfähig unser Körper gegenüber altersbedingten Krankheiten ist. Bestimmte Gene beeinflussen die Zellreparatur, das Immunsystem und die Fähigkeit des Körpers, mit zellschädigenden Molekülen, sogenannten Radikalen umzugehen – alles wesentliche Faktoren für den Alterungsprozess. Zum Beispiel sind Gene, die mit der Reparatur von DNA oder mit der Regulierung des Zellzyklus in Verbindung stehen, entscheidend für die Aufrechterhaltung der Zellgesundheit und die Prävention von Krankheiten wie Krebs.“
Die Mischung und die richtige Dosis sind der Schlüssel zum Erfolg.

Gesunde Ernährung
Im Fokus sollte eine ausgewogene, entzündungshemmende und überwiegend pflanzenbasierte Ernährung stehen, die vor allem aus Gemüse, Obst, Hülsenfrüchten, Nüssen, Samen und Vollkornprodukten besteht. Sie liefert wertvolle Nährstoffe wie Antioxidantien und Ballaststoffe, die Entzündungen reduzieren, die Darmgesundheit fördern und das Risiko für chronische Krankheiten senken können. Gesunde Fette aus Quellen wie Olivenöl, Avocados und Nüssen sind ebenfalls entscheidend für die Herzgesundheit und die Zellfunktion, während Omega-3-Fettsäuren, die in fettem Fisch oder pflanzlichen Quellen wie Chiasamen enthalten sind, entzündungshemmend wirken. Darüber hinaus hat die Reduktion der Kalorienzufuhr oder intermittierendes Fasten positive Auswirkungen auf das Alterungsgeschehen, da diese Praktiken die Zellregeneration fördern und Schäden durch Radikale verringern können. Verarbeitete Lebensmittel, Zucker und raffinierte Kohlenhydrate gilt es möglichst zu meiden, da sie Entzündungen begünstigen und das Risiko für chronische Krankheiten erhöhen.
Longevity-Test-Center für ein längeres Leben
Epigenetik hingegen beschreibe laut Kohler, wie Umweltfaktoren, Lebensstilentscheidungen und äußere Einflüsse die Genaktivität verändern, ohne unsere DNA zu wandeln. Das heißt konkret: „Durch eine gesunde Ernährung, Bewegung und Stressmanagement können wir bestimmte epigenetische Mechanismen wie die Zellalterung, Reperaturmechanismen und Entzündungsprozesse positiv beeinflussen, wodurch der Alterungsprozess verlangsamt oder altersbedingte Erkrankungen wie Herz-Kreislauf-Beschwerden und Nervenerkrankungen reduziert werden können“, sagt Kohler. Das spiegelt auch die Theorie der blauen Zonen wider. Laut Max-Planck-Institut „weisen alle fünf blauen Zonen gewisse kulturelle Gemeinsamkeiten auf, die als Erklärung für ein langes und gesundes Leben herangezogen werden können.“
Ein weiterer Ansatz, der den Longevity Wellness-Trend unterstützt, sind Tests und Analysen, die helfen können, maßgeschneiderte Tipps für ein langes, gesundes Leben herauszufiltern. Ärzte und Wissenschaftler in Longevity-Centern bieten dort verschiedene Konzepte und Therapien an, die die Zellgesundheit positiv beeinflussen sollen, und untersuchen, in welchen Bereichen der Körper wirklich Unterstützung benötigt. Laut Dr. Lukas Kohler kann es durchaus sinnvoll sein, bestimmte Biomarker oder das biologische Alter testen zu lassen, um ein besseres Verständnis über den Zustand des Körpers und das Risiko für altersbedingte Erkrankungen zu erhalten.
„Ein wichtiger Biomarker ist etwa die Telomerlänge“, sagt der Experte. Telomere sind Schutzkappen an den Enden unserer Chromosomen, die bei jeder Zellteilung kürzer werden. Werden sie so kurz, dass von ihnen beschützte Gene geschädigt werden könnten, hören die Zellen auf sich zu teilen und zu erneuern. „Daher weisen kürzere Telomere auf eine beschleunigte Zellalterung und ein höheres Risiko für Krankheiten wie Krebs oder Herz-Kreislauf-Erkrankungen hin“, fügt er hinzu. Auch Entzündungsmarker im Körper (zum Beispiel Interleukin 6) werden laut Steinkraus und Kohler immer wichtiger. Sie können Aufschluss über chronische Entzündungsprozesse im Körper geben, die eine Schlüsselrolle im Alterungsprozess und bei vielen altersbedingten Erkrankungen spielen. Weitere nützliche Tests umfassen außerdem die Messung der Insulinempfindlichkeit (HbA1c-Wert). Sprechen bei einer bestimmten Stoffwechselerkrankung die Zellen schlechter auf das Hormon Insulin an, wird in Folge der Glukosespiegel (Blutzucker) zu hoch. Das wiederum kann zu Stoffwechselentgleisungen führen und auf Dauer schwere Schädigungen an zahlreichen Organen und Diabetes nach sich ziehen. Zuletzt mache laut Kohler eine Untersuchung der Mitochondrienfunktion Sinn. Mitochondrien haben mehrere Aufgaben in unserem Körper und kommen in nahezu allen Zellen vor. Die wichtigste Aufgabe ist die Produktion von Energie. Ergibt ein Test eine eingeschränkte Energieproduktion durch die Mitochondrien, steht dies oft mit Alterskrankheiten und einem beschleunigten Alterungsprozess in Verbindung.
Was viele allerdings noch mehr interessiert: Bin ich wirklich so alt, wie auf dem Papier steht, oder ist mein biologisches Alter vielleicht viel geringer oder gar höher? Dazu Kohler: „Es gibt sogenannte ‚Uhren‘ für das biologische Alter, zum Beispiel die Horvath’sche Uhr, nach Wissenschaftler Steve Horvath, die epigenetische Veränderungen an den Chromosomen vermisst. Es ist jedoch bis heute unklar, ob man mit diesen ‚Uhren‘ das Leben bzw. das biologische Alter genau vermessen kann.“ Laut Professor Steinkraus stehen neue Technologien allerdings schon vor der Tür wie die Proteomik, also die Gesamtanalyse aller Proteine eines Organismus. Oder Hochdurchsatz-Plattformen zur DNA- und RNA-Sequenzierung und Genotypisierung in der Erforschung molekularer und zellulären Grundlagen von Krankheiten. Er weiß: „In naher Zukunft wird es Durchbrüche beim Verständnis der Biologie des Alterns geben. Derzeit gibt es jedoch noch keine konkrete Empfehlung darüber, wie man sein biologisches Alter vermessen kann.“
Leben heißt Bewegung –
regelmäßig und moderat

Sportliche Aktivität
Das A und O ist, regelmäßig körperlich aktiv zu sein, wobei bereits moderate Bewegung signifikante gesundheitliche Vorteile bietet. Die Weltgesundheitsorganisation (WHO) empfiehlt, mindestens 150 Minuten moderate bis intensive körperliche Aktivität pro Woche zu absolvieren, was etwa 30 Minuten an fünf Tagen der Woche entspricht. Dabei sollte eine Mischung aus Ausdauertraining (zum Beispiel Gehen, Laufen, Schwimmen) und Krafttraining wie Gewichtheben oder Übungen mit dem eigenen Körpergewicht angestrebt werden, um sowohl das Herz-Kreislauf-System als auch die Muskulatur zu stärken. Darüber hinaus können Aktivitäten wie Yoga, Tai Chi oder regelmäßiges Stretching ebenfalls zur Beweglichkeit und zum Stressabbau beitragen, was für die allgemeine Lebensqualität und das mentale Wohlbefinden von großer Bedeutung ist.
Supplements für ein längeres Leben
Neu auf dem Radar des Longevity-Marktes sind Nahrungsergänzungsmittel (NEM), die die Lebensspanne durch Zufuhr von Vitaminen und Mineralstoffen optimieren sollen. Dazu Dr. Kohler: „Medikamente und Nahrungsergänzungsmittel können eine unterstützende Rolle bei der Förderung der Longevity spielen, indem sie bestimmte biologische Prozesse wie Zellreparatur, Entzündungshemmung und den antioxidativen Schutz – also die Abwehr von zellschädigenden Radikalen – unterstützen.“ In der Longevity-Forschung werden laut Experte Kohler Substanzen untersucht wie Omega-3-Fettsäuren, Vitamin D, Coenzym Q10 und Resveratrol, die positiv auf das Herz, das Immunsystem und die Zellgesundheit wirken, oder auch Nahrungsergänzungsmittel wie NMN (Nicotinamid-Mononukleotid) und Spermidin, die die Zellregeneration fördern. Kohler warnt jedoch: „NEM und Medikamente sind kein Ersatz für eine gesunde Ernährung und Lebensweise. Ihre Wirkung ist oft nur in Kombination mit einer ausgewogenen Ernährung, regelmäßiger Bewegung und ausreichend Schlaf spürbar. Zudem sollte die Einnahme von NEM und Medikamenten immer unter ärztlicher Aufsicht erfolgen, da sie Wechselwirkungen mit anderen Medikamenten oder Nebenwirkungen haben können. Die Forschung zu Longevity ist noch in vollem Gange, und viele der genannten Substanzen befinden sich in experimentellen Phasen. Daher ist es ratsam, sich vor der Einnahme stets gut zu informieren und eine professionelle Beratung einzuholen.“
Stressabbau, Achtsamkeit und Entspannung

Mentale Gesundheit
Um lange zu leben, ist die mentale Gesundheit besonders wichtig. Um diese zu stärken, sollte man – wie die Bevölkerung der blauen Zonen es vorlebt – sich mit Menschen umgeben, die einem guttun, und auf sozialer Ebene aktiv bleiben. Egal, in welcher Lebensphase.
Longevity-Retreats als Booster für ein längeres Leben
Die Longevity-Bewegung inspiriert auch die Hotelbranche zu neuen Konzepten. Hotels und Resorts laden ein, sich vom Alltag zu verabschieden und Körper und Geist in tiefe Entspannung eintauchen zu lassen. Die ebenfalls unter dem Buzzword Longevity angebotenen Programme variieren dabei stark und reichen von Detox-Kuren über Pilates-Retreats bis hin zu Meditationen und Spa-Sessions.
„Der Sinn solcher Aufenthalte ist am größten, wenn sie gezielt zur Prävention oder bei beginnenden gesundheitlichen Problemen eingesetzt werden, wie etwa zur Stressbewältigung, Gewichtsregulation oder zur Verbesserung der Schlafqualität“, sagt Kohler. „Wenn jemand also regelmäßig unter hohem Stress steht oder ungesunde Lebensgewohnheiten pflegt, kann ein Aufenthalt in einem spezialisierten Longevity-Hotel ein Anstoß sein, um langfristige gesunde Gewohnheiten zu entwickeln. Allerdings sollte man solche Kuren nicht als einmalige Lösung für die Gesundheit betrachten, sondern als Teil eines ganzheitlichen Ansatzes. Es macht Sinn, einen Aufenthalt mit einer nachhaltigen Veränderung des Lebensstils zu kombinieren und sie nicht als kurzfristige ‚Wunderbehandlung‘ zu sehen. Wichtig ist, dass die Programme auf glaubwürdigen Methoden beruhen und von qualifizierten Fachleuten begleitet werden.“

C‘est la vie – Mal einen
Gang runterschalten
Stressausgleich
Das emotionale Wohlbefinden ist für ein langes Leben besonders wichtig, man sollte also sein Stresslevel deutlich reduzieren. Stress kann unterschätzte Ursache vieler (späterer) Erkrankungen sein und dem Glücklichsein auch mental im Weg stehen. Deshalb sollte man sich bewusst Auszeiten gönnen, etwa durch oben genannte sanfte Sportarten, oder einfach einen Gang zurückschalten, wenn es zu hektisch im Alltag wird.
Fazit: Anti-Aging wird ersetzt durch Well-Aging
Lange Zeit war Altern negativ behaftet. Das zeigen über Jahrzehnte verwendete Begriffe wie Anti-Aging, das den Trend beschreibt, unrealistischen Schönheitsidealen hinterher zu eifern und auch mit 50 noch so auszusehen wie 25. Was derzeit passiert, ist ein Wandel, bei dem der mühsame Kampf gegen Falten und graue Härchen entspannter gesehen und gegen eine Well-Aging-Philosophie mit Fokus auf Gesundheit getauscht wird. Der Wellness-Trend Longevity lädt dazu ein, hinter die Fassade zu blicken und sich auf das innere Wohlbefinden zu fokussieren. Statt des Aussehens stehen mentale und körperliche Aspekte im Vordergrund, um die gesunden Lebensjahre zu maximieren und in voller Lebensqualität auszukosten.
Kurz nachgefragt bei Prof. Dr. med. Volker Steinkraus
„Es ist nie zu spät, mit
einem gesunden Lebensstil zu beginnen“

Können Menschen mit mehr Wohlstand älter werden?
Ja, eindeutig. Wohlhabende Menschen scheinen besser über die vorausgehend genannten Zusammenhänge informiert zu sein, ernähren sich in aller Regel gesünder, bewegen sich meist mehr und sind in aller Regel auch durch größere Freundeskreise sozial besser eingebettet.
Wann sollte man mit Longevity-Maßnahmen beginnen und wann ist es schon zu spät?
Es ist nie zu spät, mit einem gesunden Lebensstil zu beginnen. Auch mit 70 oder 80 machen Umstellungen hin zu einer besseren Ernährung und mehr Bewegung Sinn. Gut wäre es jedoch, spätestens gegen Ende des dritten Lebensjahrzehnt, die entsprechenden Weichen für ein langes Leben zu stellen. Das ist aber schwer, weil junge Menschen oft in einer „Unsterblichkeitsblase“ gefangen sind und sich verständlicherweise wenig mit dem letzten Drittel ihres Lebens beschäftigen.
Was kann man mit geringen finanziellen Möglichkeiten tun?
Nach heutigem Kenntnisstand scheint es von überragender Bedeutung zu sein, einen Lebensstil mit zu wenig Bewegung, mit schlechter Ernährung und zu viel Zucker und Salz, Alkohol, Nikotin, Dauerstress und ein deutlich zu hohes Körpergewicht zu vermeiden. Wenn es dann noch gelingt, tragende Beziehungen mit geliebten Menschen zu pflegen und einen Rhythmus herzustellen, der einen ausreichenden Nachtschlaf gewährleistet, hat man schon das Allerwichtigste erreicht.
Warum ist Schlaf so wichtig und was bewirkt Stress?
Alle lebenden Organismen brauchen Schlaf, selbst Insekten schlafen. Warum wir ihn brauchen und er genauso wichtig ist wie die Nahrungs- und Flüssigkeitsaufnahme, ist nicht bekannt. Ohne Schlaf sterben wir. Wahrscheinlich geht es um den Abbau des Moleküls Adenosin, das sich im wachen Zustand anreichert und dann während des Schlafens wieder abgebaut wird.
Kurzfristiger Stress wird relativ gut toleriert, Dauerstress ist jedoch extrem schädlich, da unsere Zellen das nicht gut verkraften. Während uns Stresshormone wie Cortisol, Adrenalin und Noradrenalin kurzfristig helfen, stören sie langfristig unsere Homöostase, das heißt sie zerstören auf Dauer das Zusammenspiel all unserer Zellen in einem ausgewogenen Gleichgewicht. Zu wenig Schlaf und Dauerstress fördern daher die Alterung und das Auftreten von Krankheiten.
Welche Nahrungsergänzungen würden Sie empfehlen?
Ich selbst nehme eine Multivitamintablette pro Tag sowie einmal pro Woche 20.000 Einheiten Vitamin D. Mehr nicht. Ob die von vielen Seiten empfohlene, massive Einnahme von Nahrungsergänzungsmitteln eine Rationale hat, ist eine sehr kontrovers diskutierte Frage, die nicht abschließend beantwortet werden kann. Ich glaube, dass „viel“ hier eher schadet als hilft, zumal das Ganze ja auch ein großes Geschäft ist. Wenn ich Ihnen empfehle, eine Stunde mit dem Fahrrad durch den Wald zu fahren, verdient ja niemand etwas mit dieser Empfehlung.
Wie hängt die Hautalterung mit der Gesundheit zusammen?
Die Hautalterung ist eng mit der Alterung innerer Organe verbunden, unterliegt jedoch der Besonderheit, dass sich im Gesicht, am Dekolleté und an den Handrücken zusätzlich die Lichtalterung auf die normale Alterung aufpfropft. Die Folgen der Lichtalterung lassen sich glücklicherweise durch Vitamin A, Vitamin C und Niacinamid relativ deutlich bessern. Zusätzlich kann man natürlich auch Altersflecken mit dem Laser oder tiefere Falten mit Botox oder Fillern behandeln, was meiner Meinung nach vertretbar ist, solange die Maßnahmen ausgewogen bleiben. Viele Gesichter werden heute leider artifiziell zerstört.
Was ist von Trends wie Kältetherapie, Sauna & Co. zu halten? Gibt es weitere Trends, die in ihren Augen sinnvoll sind?
Trends sind häufig Modeerscheinungen, die rasch wieder verschwinden. Im Falle thermischer Anwendungen wie Sauna oder Kältebädern bin ich jedoch überzeugt davon, dass diese die Gesundheit fördern und einen positiven Einfluss auf die Lebenslänge haben. Auch wenn es bisher nur wenig belastbare Daten hierzu gibt, weisen erste Untersuchungen alle in die Richtung, dass thermische Anwendungen sinnvoll sind. All diesen Anwendungen liegt ein Gefäßtraining zugrunde. Dies besteht aus einer wechselnden Erweiterung bzw. Verengung der Gefäßwand, was diese elastisch hält.
Darüber hinaus verbrennt der Organismus bei Wiedererwärmungen nach Kälteanwendungen wesentlich mehr Kalorien, was natürlich ebenfalls als positiv zu werten ist.
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