Reisen? Zählt spätestens seit gut einem Jahr zu unseren größten Sehnsüchten. Kein Wunder: Schließlich begehren wir oft am meisten, was nicht erreichbar ist. Umso schöner, dass Hoffnung in Sicht ist. Und wir uns freuen dürfen, endlich wieder in den Flieger zu steigen. So weit weg wie möglich! Was läge da näher als das andere Ende der Welt?

Neuseeland zählt seit Jahren zu unseren Traumzielen. Dafür sorgen nicht zuletzt Aragon, Frodo und Gandalf aus Peter Jacksons Film-Trilogie „Der Herr der Ringe“. Der Regisseur versetzte das fiktive Mittelerde kurzerhand in die neuseeländische Landschaft – und hätte keine bessere Gegend für seine Fantasiereise wählen können. Der Kinobesuch war also der Startschuss: Ich wollte ebenso wie Frodo auf Vulkane klettern, wie Legolas durch die weiten Steppen galoppieren und auf Schiffen durch enge Schluchten jagen. Kurz gesagt: Das alles und viel mehr ist auf der Süd- und Nordinsel Neuseelands möglich. Und das Beste: Per Roadtrip lassen sich die Inseln ganz spontan erkunden, ohne etwas auszulassen. Denn nirgendwo auf der Welt befinden sich massive Gletscher, grünfeuchte Regenwälder und türkisfarbene Buchten in so unmittelbarer Nachbarschaft. Neuseeland breitet sich aus wie ein riesengroßer Spielteppich. Entscheiden Sie selbst, was als erstes dran sein soll. Und ja: Neben Action findet sich in einer der heißen Quellen oder in den luxuriösen Spas auch die passende Auszeit vom Abenteuer.

Beim Landeanflug wird sofort klar, warum die Maori Neuseeland einst „Aotearoa“ nannten. Übersetzt heißt das nämlich „Land der langen weißen Wolke“. Tatsächlich reihen sich unter uns und über den beiden Hauptinseln zahlreiche Wölkchen aneinander. Sie sehen aus, als hätte jemand Watte auseinander gezupft und in die Länge gezogen.

Königin Elisabeth II. als Staatsoberhaupt

Sekunden später durchbrechen wir die Wolkendecke, um in Christchurch zu landen. Bis zu einem desaströsen Erdbeben 2011 war Christchurch die größte Stadt im Süden Neuseelands – und ist es heute wieder. Trotzdem erinnern noch viele Ruinen an das traumatische Geschehen. Besonders in der Innenstadt, denn Priorität beim Wiederaufbau hatten die Wohnviertel. Markanter Zeitzeuge ist die Christchurch Cathedral mit ihrem berühmten, einst wunderschönen Rosenfenster. Sie erinnerte bis zu ihrer Zerstörung an die Zeit Neuseelands als britische Kolonie. Bis heute gehören die knapp 19 000 Kilometer von Großbritannien entfernten Inseln zum Commonwealth of Nations – mit Elisabeth II. als Staatsoberhaupt. Trotz ihrer Geschichte und Architektur ließ der Wiederaufbau bis 2017 auf sich warten: Lange Zeit war überhaupt nicht klar, ob das historische Kirchengebäude gerettet werden sollte. Schließlich wurden die Gottesdienste längst im architektonischen Ersatzwerk der „Cardboard Cathedral“, einem erdbebenresistenten Haus aus Pappe, abgehalten. Neben Gebäuden wie diesem werden die Neuseeländer wegen der Erdbebengefahren auch ansonsten kreativ: Viele Bauten sind übergangsweise oder gar dauerhaft Container-Ansammlungen gewichen. Dabei beherbergen die kleinen bunten Stahlbehälter die tollsten Dinge. Unsere Favoriten: Streetfood, etwa in der Christchurch Container Mall. Bester Ort, sich nach Sightseeing-Touren zu erholen, ist ein Platz unter den gigantischen Baumfarnen im Botanischen Garten. Dösend beim Klang des vorbeirauschenden Flusses Avon lässt sich vom nächsten Abenteuer träumen. Das direkt am Tag darauf auf uns wartet. Wir steuern das nächste Ziel mit unserem gemieteten Campervan an (Achtung, Linksverkehr). Und sind erstaunt. Gerade ein mal 20 Minuten fahren wir, und schon breitet sich vor uns eine Landschaft aus, die schöner nicht sein könnte. Grün bewachsene Hügel, die einstmals einen riesigen Vulkan bildeten, umsäumen eine weitläufige Bucht. An deren Küste schmiegt sich ein kleines französisches Örtchen mit bunten Häusern. Echt jetzt? Ja, auch die Franzosen strebten einst danach, sich der neuseeländischen Ressourcen zu bedienen. So reservierte sich schon 1838 ein französischer Walfangkapitän ein bisschen Land von den Maori, um dort die heutige Siedlung Akaroa zu gründen. Im Laufe der Zeit verloren sie zwar den kolonialen Wettstreit mit den Briten. Trotzdem erinnern Architektur, Cafés und viele leckere Delikatessen bis heute an Frankreich.

Heiße Quellen in den Bergen

Diese Geschichte erzählt uns unser Kapitän, während wir auf seinem Schiff die von Robben besetzte Küste entlang schippern. Highlight der Bootstour sind die kleinsten Delfine der Welt, die in der Bucht um Akaroa leben. Die nur hier vorkommenden Hector-Delfine tummeln sich zahlreich um die weiße Gischt, die unser Bootsbug aufwirft. Und liefern sich ein Wettrennen mit etwas größeren Tummlern.

Knapp zwei Stunden nördlich von Christchurch erreichen wir das Wellness-Dorado Hanmer Springs. Das Bergdörfchen inmitten von Wäldern ist bekannt für seine heißen Quellen. Hier können sich vom Wandern oder Schlafen im Campervan geplagte Glieder in wohlig-warmem Wasser wieder entspannen. Wie wäre es mit einer Vichy-Behandlung im örtlichen Spa? Das hilft, um sich wieder wie auf Wolken zu fühlen.

Text: Anna Bader

Das komplette Special über Neuseeland inklusive Hoteltipps wurde in SPA inside 2/2021 veröffentlicht – die auch als E-Paper erhältlich ist!