Diese drei Buchstaben geben den Takt vor: EMS. Das Kürzel steht für elektrische Muskelstimulation – und noch vor wenigen Jahren war es allenfalls im Reha-Sport bekannt. Doch längst ist das Phänomen auch in der Breite angekommen. Studios sprießen wie Pilze vor allem in den Städten aus dem Boden. Selbst Promis schwören auf EMS-Training, denn es verspricht nicht nur einen straffen, geformten Körper – sondern sogar positive Auswirkungen auf die Psyche. Was also ist dran am Trend? Und wie genau läuft ein EMS-Training überhaupt ab?

20 Minuten pro Woche reichen

„Kurz gesagt werden über Elektroden Impulse an die Muskeln gesendet“, erklärt Stephan Türk. Der Diplom-Sportlehrer und Biologe kennt sich aus, kann selbst auf mehr als 20 Jahre Krafttraining – davon sieben speziell mit EMS – zurückblicken. Training unter Strom? „Konnte ich mir anfangs auch nicht vorstellen“, blickt Türk zurück. Doch der erste Versuch faszinierte ihn dann doch. Türk schlüpfte in einen der speziellen hautengen Anzüge, in die Elektroden eingearbeitet sind. Und während er Bewegungsübungen absolvierte, verstärkten Stromimpulse im Rhythmus seine Muskelkontraktionen. Die Folge: Muskelkater in Körperregionen, die bislang im Alltag oder beim Training gar nicht beansprucht wurden. Türk war k.o. – und begeistert.

Heute gibt er sein Wissen weiter, hat als Autor ein Buch zum Thema veröffentlich. „Ich möchte dazu beitragen, dass EMS-Training professioneller wird“, formuliert Türk. Was genau unterscheidet es nun von anderen Methoden? „Zuerst mal die eingesetzte Zeit: 20 Minuten pro Woche reichen für ein Ganzkörperkrafttraining aus“, sagt Türk. Die Muskulatur wird dabei ganz ohne die Last von Gewicht stimuliert – anders eben als zum Beispiel an Geräten im klassischen Fitnessstudio. „Auch wer Beschwerden am Bewegungsapparat hat, kann so gut trainieren“, sagt Türk. Gerade für ältere Menschen sei das eine gute Möglichkeit für Fitness. Im Gegensatz zum konventionellen Krafttraining werden dabei auch tiefliegenden Muskelschichten gut erreicht – Beckenboden und Rückenstrecker zum Beispiel. Und nicht zuletzt: EMS ist immer Personal Training, bei dem der Sportler unter Aufsicht seine Übungen absolviert.

Warum EMS gerade jetzt zum Trendsport wird, erklärt sich der Experte so: „Die kurze Trainingszeit ist für alle interessant, die etwas für sich tun möchten. Die aber nicht die Zeit und Lust haben, sich mehrmals die Woche für ein bis zwei Stunden im Fitnessstudio aufzuhalten.“ Und: Jeder kommt an seine persönliche Leistungsgrenze. Dabei ist die elektrische Muskelstimulation mit Reizstrom gar nicht mal neu, sondern blickt auf eine recht lange Geschichte zurück. „In der Medizin wird Reizstrom seit Jahrzehnten in der Reha erfolgreich angewendet“, sagt Stephan Türk. Im Spitzensport kam EMS spätestens in den 1970er Jahren zum Einsatz. Doch die Karriere im Breitensport in Deutschland begann erst im neuen Jahrtausend. „2007 wurde es erstmals hierzulande als Ganzkörpertraining angeboten“, sagt Türk.

Personal Training in kleiner Runde

Wer sich für EMS entscheidet, legt Wert auf individuelle Betreuung. Ein Personal Trainer kümmert sich um maximal ein bis zwei Sportler gleichzeitig. Und die Nachfrage wächst stetig. Gleich mehrere Unternehmen bieten das passende Equipment fürs Training an. In Deutschland betreiben die sechs größten Anbieter mehr als 500 EMS-Studios. Dazu kommen noch eine Vielzahl von kleineren Anbietern und Einzelbetriebe – insgesamt mindestens 1000. Doch an welche Zielgruppe richtet sich das EMS-Training denn nun? „Im Prinzip ist es für jedermann geeignet“, sagt Türk. „Besonders unter anderem auch für Menschen mit Beschwerden am Bewegungsapparat – etwa im Rücken“. Mindestens 1,50 Meter groß sollte der Sportler sein (wegen der Größe der Elektroden), außerdem nicht zu jung. Doch es gibt auch Einschränkungen, etwa aus gesundheitlichen Gründen. Wer einen Herzschrittmacher trägt, darf nicht mitmachen. Auch Schwangerschaft oder schwere neurologische Erkrankungen wie Epilepsie oder Tumore sind Ausschlusskriterien. Im Zweifelsfalle vorab den Arzt befragen.

Teurer als der Besuch im Fitnessstudio

Kostenlos übrigens ist EMS-Training nicht. Der Betreuungsaufwand ist vergleichsweise hoch. „Der Trainer kann sich so ganz individuell kümmern und Anfänger ganz anders unterrichten als Profis“, sagt Lena Heidrich, die in Chemnitz ein EMS-Studio betreibt. Aber: „Es ist deswegen auch teurer als im herkömmlichen Fitnessstudio – pro Trainingsheinheit von 20 Minuten sind je nach Region 20 bis zu 35 Euro einzuplanen.“ Längere Abos (z. B. 24 Monate) sind in der Regel günstiger als Einzeltermine.

Bild: (c) Shutterstock / UfaBizPhoto