Kelly Kovack ist der Beautybranche mit ihrem Webportal Beauty Matter immer eine manikürte Nagellänge voraus. In New York sprach sie mit Ulrich Lang über die wichtigsten Herausforderungen für den Handel und die Marken.

Kelly, bist Du direkt oder über Umwege in die Beautybranche gekommen?
Kelly Kovack: Angefangen habe ich in der Modeindustrie und bin eher durch Zufall in der Beautybranche gelandet. Im Modebusiness habe ich auf der Zuliefererseite gearbeitet – und war damit nicht mehr glücklich. Ein Freund von mir plante, das damals neue Bliss Spa zu betreiben. Er hat mir einen Job als Rezeptionistin angeboten, so lange, bis ich etwas anderes finden würde. Marcia Kilgore, die Gründerin von Bliss, erzählte mir von ihrer Idee, einen Katalog für die Marke zu produzieren – und fragte mich, ob ich das machen wolle. Das war zwar völliges Neuland für mich, aber mit ihrer Unterstützung wagte ich den Schritt. Und, wie man in Amerika so schön sagt: „The rest is history“. Ich blieb bei Bliss bis zu dem Zeitpunkt, als die Firma an LVMH verkauft wurde. Danach betrieb ich eine Consultingfirma und beriet Start up-Unternehmen – vom ersten Konzept übers Marketing bis hin zur Strategie. Und ich habe zwei eigene Marken lanciert: Rescue Beauty Lounge war die erste professionelle Luxusmarke im Nagelpflegebereich. Die zweite Marke ist Odin New York, eine Duftkollektion, die man auch in Deutschland kennt (Vertrieb über Nobilis, Anm.d.Red.).

Wie kamst Du zum Webportal Beauty Matter? Was ist die Idee dahinter?
Kelly Kovack: Ich schreibe sehr gerne, aber ich hatte nie Zeit dafür. Das Webportal Beauty Matter soll über die aktuellen Entwicklungen in der Beautyindustrie informieren. Ich bin jedoch keine Journalistin. Insofern ist meine Perspektive und mein Fokus immer darauf gerichtet, was ich interessant und relevant finde – als Insiderin, die Beauty-Marken aufgebaut und geführt hat.

Ich schätze, Du gehörst bestimmt zu den best informiertesten Personen in der Branche?
Kelly Kovack: Oh, ich weiß nicht, ob das zutrifft (lacht), aber ich bin von Natur aus neugierig und mag die Akteure in dieser Branche sehr. Daher ist der Networking-Aspekt für mich nicht „hard work“, sondern eher eine Freude.

Inwiefern hat sich die Industrie in den vergangenen fünf Jahren verändert und woran kann man das erkennen?
Kelly Kovack: Die Industrie hat sich von Grund auf verändert. Digitalisierung und Social Media haben in relativ kurzer Zeit einen kompletten Umbruch eingeleitet. Independant Labels waren schon immer Teil des Beauty-Business-Zyklus, aber noch nie wurden sie so schnell so groß, was mit einem Verlust von Marktanteilen der traditionellen Brands einhergeht. Mit dem Fokus direkt auf den Kunden sowie neuen Distributions-Strategien sorgten die Nischenmarken für eine radikale Veränderung der Handelslandschaft.

Was wird künftig wichtig sein, um eine Marke oder ein Beautybusiness erfolgreich zu führen?
Kelly Kovack: Werte zu schaffen und Verbindungen herzustellen, um sich eine Anhängerschaft, eine Fan-Gemeinde aufzubauen – das halte ich für bedeutende Aufgaben für Marken und Stores. Konsumenten wollen nicht mehr, dass man ihnen etwas verkauft. Sie wollen mitmachen und ein Teil von etwas Großem sein, das ihnen etwas bedeutet. Und dann braucht es ein profundes Verständnis der Konsumenten an sich. Wir müssen uns fragen: Wer sind sie, was wollen sie und welche Lösungen kann ich ihnen bieten? Nachfragen lohnt sich! Letztendlich ist die Kommunikation mit den Kunden das Entscheidende. Und Aufbau und Umsetzung einer integrierten Marketingstrategie ist der dritte wichtige Punkt. Digitale, soziale und Influencer-Aktivitäten sind nicht neben dem Marketing angesiedelt, sondern sie sind direkt ins Marketing integriert und müssen dort auch angesetzt werden.

Welche neuen Unternehmen machen das schon gut?
Kelly Kovack: Der Markt für professionelle Haarpflege ist am Boden – unter anderem aufgrund von Konsolidierungen und Schleuderpreisen. Die Marke Prose hat meines Erachtens das Potenzial, den Haarpflegemarkt aufzumischen – sie gibt einzelnen Stylisten eine Stimme und versorgt sie mit frischen, innovativen, maßgeschneiderten Produkten, die durch eine Diagnose-App ermittelt werden können. Zum Zweiten denke ich, dass eine Plattform sinnvoll wäre, die Händler und Freelancer zusammenbringt. Ein Beispiel: Allwork vernetzt Marken mit Talenten und liefert so Möglichkeiten für effizientes Management und eine Auswertung der Leistung.

Welche Pläne hast Du für 2018?
Kelly Kovack: Für Odin haben wir eine gute Basis geschaffen. Wir haben die Marke vor zehn Jahren gegründet, als die Nischenkategorie im Duftmarkt erst allmählich begann, sich zu entwickeln. Unsere Distribution ist nach wie vor sehr selektiv und unsere Strategie besteht darin, starke Beziehungen zu unseren Handelspartnern aufzubauen, anstatt Wachstum nur durch die Expansion von Verkaufspunkten zu erreichen. Diesen Weg werden wir weiter verfolgen.

 

Für INSIDE beauty berichtet Ulrich Lang aus seiner Wahlheimat New York, wo er lebt und arbeitet (www.ulrichlangnewyork.com). Mit Kelly Kovack sprach er über die fundamentalen Veränderungen im Beautybusiness.