Meine erste Begegnung mit Pamela Vaile hatte ich vor Jahren in New York – bei einem Event saßen wir nebeneinander. Pamela versprüht eine Energie, die der New Yorks nicht unähnlich ist: Easy, freundlich und sehr amerikanisch zieht sie einen sofort in ihren Bann. Auf der 57th Street, unweit der Parfumhäuser Givaudan und Firmenich, traf ich mich mit Pamela Vaile zum Gespräch. Beim Lunch erzählte sie mir von ihren ersten Anfängen in der Beautybranche.

Pam, wir kennen uns schon einige Zeit, aber ich weiß noch wenig über dich! Wo bist du aufgewachsen und wie bist du in der Beautybranche gelandet?
Pamela Vaile: Ich wuchs außerhalb von New York City auf, in einer Kleinstadt auf Long Island, Garden City. Während meiner Studienzeit verkaufte ich in einem Kaufhaus Düfte und Kosmetik der großen Brands – Estée Lauder, Clinique, Lancôme, Shiseido, Dior, Chanel. Viele dieser Firmen boten mir Verkaufstrainings und olfaktorische Trainings an. Ich verliebte mich in die Duftwelt, probierte ständig neue Düfte aus. Eines Tages kam Leonard Lauder bei uns vorbei und sprach mit mir – er war sehr charismatisch und freundlich. Begeistert von meinem Wissen und meiner Leidenschaft für Parfums, ermutigte er mich, über eine Karriere in der Branche nachzudenken. Das war’s! Es war fast wie eine Prophezeiung, dass ich für den Rest meines Lebens in der Duftbranche arbeiten sollte! Nach meinem College-Abschluss wurde ich von L’Oréal als Management Trainée bei Lancôme eingestellt. Meine Karriere beinhaltete Führungspositionen im Marketing und der Duftentwicklung.

Welche zum Beispiel?
Pamela Vaile: Ich arbeitete in Führungspositionen bei Avon, machte meinen MBA in internationalem Marketing und wurde Teil des Teams von Bath and Body Works (das innerhalb von fünf Jahren zu einem Milliarden-Business werden sollte). Ich war u.a. Senior Vice President, Global Product Development bei Revlon und Senior Vice President Marketing und Produktentwicklung bei Smashbox Cosmetics. 1998 startete ich meine Beratungsfirma, Pamela Vaile Consulting, LLC und habe seither eine Vielzahl an neuen Produkten entwickelt, für Marken wie Bath und Body Works, Victoria’s Secret, Michael Kors, Laura Mercier, Lisa Hoffman Beauty, Natura Brasil, Zensation Hongkong, House of Potentia und einige andere.

Welches Projekt war das spannendste?
Pamela Vaile: Am spannendsten habe ich meine Rolle als Direktorin der Markenentwicklung bei Bath and Body Works empfunden. Wir hatten ein kleines Team mit nur 5 Mitarbeitern. Meine Aufgabe bestand darin, das Marketing zu leiten, Produkte zu entwickeln und die komplette Linie bis zur Lancierung zu begleiten. Wir entwickelten 1500 Produkte in einem Jahr, darunter 15 Düfte und Körperpflege für jeden einzelnen Duft. Ich kam mit allen Seiten der Markenentwicklung in Berührung: Verpackungsdesign, Entwicklung der Formeln, Duftentwicklung mit Parfümeuren, Preisgestaltung, Merchandising und Lancierungsplan. Ich arbeitete mit allen wichtigen Dufthäusern und Herstellern im US-Markt. Bath and Body Works wurde ein Riesenerfolg, mit Verkaufszahlen von über einer Milliarde Dollar! Diese Erfahrung veränderte mich grundlegend: Ich lernte von den brillantesten Leuten in der Industrie, wie man eine Marke aufbaut, von der Idee zum fertigen Produkt, zur kompletten Marke.

Das war natürlich eine gute Basis, um als Consultant erfolgreich zu sein …
Pamela Vaile: Richtig! Als ich meine Consultingfirma in den 1990er Jahren gründete, gab es eine Vielzahl an neuen Marken, die in den USA lanciert und global vermarktet wurden. Mir wurden Consulting Jobs von vielen Firmen angeboten – Princess Marcella Borghese, Halston, Giorgio Armani, Laura Mercier, Lisa Hoffman Fragrances (die Linie der Frau von Schauspieler Dustin Hoffman), Duftprojekte für Sephora, als der Filialist in den USA startete, Saks Fifth Avenue, Abercrombie and Fitch… Ich hatte alle Hände voll zu tun, verdreifachte mein Salär und musste Leute einstellen.

Mit welchen unabhängigen Firmen hast Du gearbeitet? Wann startete dieser Teil Deiner Karriere?
Pamela Vaile: Mein guter Ruf als Consultant sprach sich mehr und mehr herum und viele neue Brands kamen zum Vorschein – ich wurde als jemand empfohlen, der eine Marke von der Idee bis zum fertigen Produkt für den Kunden begleiten kann. Ich habe sehr gute Kontakte im Prestige-  und Selektivbereich, TV Shopping, Online Stores, Social Media und Distributeure, die weltweit operieren. Auch habe ich das Glück, mit einigen der besten Parfümeure zu arbeiten, die auf die fantastischen kreativen Resourcen ihrer Firmen zugreifen können. Und am allerwichtigsten: Ich arbeite sehr eng mit den Gründern jeder meiner Brands, um sicherzustellen, dass ihre Vision perfekt und wunderbar umgesetzt wird. Mein wichtigstes Kapital sind die Beziehungen, die ich zu meinen Kunden, den Markengründern aufbaue, um den langfristigen Erfolg ihrer Unternehmen durch Ehrlichkeit, Vertrauen und Professionalismus zu sichern.

Stichwort: Potentia – wie kam das Konzept dieser Marke zustande?
Pamela Vaile: Beth Russell, die Gründerin von Potentia, traf ich im Jahr 2012 zum ersten Mal. Ich war so inspiriert von Beths Leben als Autorin, Duft-Unternehmerin und ihrer Ausbildung zur Psychologin. Beth besitzt eine einzigartige Vision des menschlichen Zustands und wie wir Duft einsetzen können, um uns durch die vielen Herausforderungen des Lebens zu navigieren. Wir beide sahen eine Nische und einen Bedarf, dieses fantastische Konzept zum Leben zu erwecken und so wurde Potentia als Duftmarke geboren. Potentia ist das lateinische Wort für Stärke. Stärke, um das menschliche Potenzial auszuschöpfen. Das Konzept basiert auf Transformation und verbindet olfaktorische Wahrnehmung mit der menschlichen
Psyche. Potentia ist auf vier Achsen aufgebaut: Cognitas (Stärke des Geistes und der Psyche). Dies ist auch die erste Kollektion, die wir im April in Mailand vorstellen werden, parallel zur Parfummesse Esxence. (Potentia wird am 5. und 6. April im Hotel Principe di Savoia präsentiert, Anm. de. Red.). Die weiteren drei Kollektionen mit jeweils fünf Düften, werden in den USA und international in den kommenden fünf Jahren lanciert werden. Wir planen, auch Körperpflege, Kerzen und limitierte Geschenksets auf den Markt zu bringen. Schmuck, Accessoires und Lifestyle-Produkte werden das Programm abrunden. Das Potentia-Business-Modell ist dynamisch und wird stetig Neuheiten präsentieren, um den Kunden kontinuierlich zu begeistern.

Für INSIDE beauty
berichtet Ulrich Lang
aus seiner Wahlheimat
New York, wo er lebt
und arbeitet (www.
ulrichlangnewyork.
com). Mit der Duft- und
Produktentwicklerin
Pamela Vaile traf er sich
zum Lunch. „Eine chte
Powerfrau!“

 

Titelbild: Pamela Vaile, Produkt- und Duftentwicklerin. Das Foto zeigt sie (links) mit Designer Michael Kors und Beth Nonte Russell, Gründerin der Linie Potentia