Es ist nur ein kleiner Schritt von der Straße durch das Tor hinein in das Wat Mahadhatu, einer der 400 buddhistischen Tempel in Bangkok und einer der größten Thailands. Sofort spürt man die besondere Stimmung, betritt eine Oase der Gelassenheit, mit schattenspendenden Bäumen, duftenden Frangipani- Blüten, Vogelgezwitscher – und das mitten in der quirligen 8-Millionen-Stadt!

Stau, Lärm, Smog – all das scheint einfach draußen zu bleiben. Hier werden Einführungskurse in buddhistischer Meditation für alle angeboten: Wir sitzen auf braunen Plastikkissen in einem weiß gefliesten Souterrainraum mit Neonlicht und festgewebtem Teppich auf dem Boden. Wir, das sind 12 Frauen und Männer zwischen 20 und 70 Jahren aus sieben Ländern, von Brasilien bis Japan. Und ein junger Mönch im orangeroten Gewand, der sich lächelnd für sein schlechtes Englisch entschuldigt und uns dann in die Grundlagen der Meditation einführt: Es geht vor allem um Achtsamkeit, erfahren wir, um die Konzentration auf das, was wir gerade in diesem Moment tun. Also Multitasking ade, wir sollen wieder lernen, nur eine Sache zur Zeit zu machen – und das wird in den nächsten 20 Minuten die Wahrnehmung des Atems sein. Dafür setzen wir uns möglichst aufrecht hin und verschränken die Beine.

Am Anfang hilft es, eine Hand auf den Bauch zu legen, um den Atem zu fühlen: Der Bauch hebt sich beim Einatmen und sinkt beim Ausatmen, heben (raising) und fallenlassen (falling). Aber den Atem dabei nicht steuern, sondern ihm folgen. Die Handhaltung ist nicht so wichtig, unser Mönch hält die Hände am liebsten nach oben geöffnet, weil sie so kühler bleiben. Jeder so, wie er mag. Nur bei einer Sache ist er streng: Wir sollen die Meditation aushalten. Die Position nicht verändern. Wenn es beginnt weh zu tun, den Schmerz wahrnehmen und denken: Schmerz, Schmerz, Schmerz. Der Schmerz macht eine Kurve, er steigt an, hält sich und fällt dann wieder ab. 20 Minuten, meint er augenzwinkernd, könnten auch wir durchhalten, ohne Schaden zu nehmen – er selbst meditiert so bis zu fünf Stunden. Genauso mit den Gedanken umgehen, auch wenn es irgendwo juckt oder draußen ein Hund bellt. Das, was am meisten stört, wahrnehmen und in Gedanken sagen: hören, hören, hören, denken, denken, denken …, dann wieder zum Atem zurückkommen. Heben und fallenlassen, raising, falling. Die schwüle Hitze im Raum wird etwas gemildert durch einen Schwenkventilator, der ab und zu kühlere Luft herüberpustet. Und während ich bei meiner Yogameditation in Hamburg immer Probleme habe abzuschalten, gelingt es hier viel leichter. Vielleicht liegt es an der kargen Atmosphäre, es lenkt wirklich gar nichts ab. Oder an der freundlichen Bestimmtheit unseres Mönches, der genau zu wissen scheint, was er uns zutrauen kann – und was eben auch (noch) nicht.

Zwischendurch können wir ihm Fragen stellen, er erklärt geduldig und übt mit uns, drei Stunden lang. Zum Schluss lernen wir noch eine Gehmeditation: Bein heben, nach vorne schieben und dann absetzen. Jede Bewegung ganz bewusst ausführen. Am Ende des Raums langsam drehen (turn, turn, turn) und wieder von vorn anfangen. Die Gehmeditation fällt Anfängern oft leichter, idealerweise wird beides miteinander kombiniert.

Nach drei Stunden Meditation ist es ein bisschen so wie nach einer Diät, wenn man plötzlich Lebensmittel wieder viel intensiver schmeckt: Das warme Licht der Nachmittagssonne wirkt milder, die Vögel singen klarer, das Grün der Blätter scheint leuchtender als vorher. Eine tiefe innere Ruhe und Zufriedenheit breitet sich aus. Das Schönste: Man kann diese Technik ganz einfach mit nach Hause nehmen. (Foto/Text: Christa Möller)