Das flüssige Gold ist im Mittelmeerraum quasi ein Grundnahrungsmittel. In Griechenland liegt der Pro-Kopf-Verzehr bei über 20 Liter pro Jahr. Hierzulande fremdelt man noch immer – gerade mal ein Liter Olivenöl pro Person wird jährlich verwendet.

Stehen Sie auch immer wieder ratlos vor den langen Flaschenreihen im Supermarkt und fragen sich: Welches Olivenöl soll ich kaufen? Das aus Italien, das griechische oder vielleicht doch das spanische? Über 30 Euro für eine Flasche Olivenöl, im Ernst? Tut es das daneben für 8,90 Euro nicht auch? Und schmecke ich überhaupt einen Unterschied? Tja, ganz schön viele Fragen, die einem da in Unkenntnis der Materie durch den Kopf gehen. Als erste Orientierung hilft die Qualitätsbezeichnung des Öls, die Güteklasse, die auf der Flasche steht. Von höchster Qualität ist das „Native Olivenöl extra“ (auch als extra vergine bezeichnet). Es wird größtenteils aus einer einzigen Olivensorte gewonnen, ausschließlich durch mechanische Kaltpressung (unter 27 Grad Celsius) in einer Ölmühle. Auf chemische Substanzen wird dabei vollständig verzichtet.
Herausstechendes Merkmal dieser Güteklasse: der Säuregehalt muss unter 0,8 Prozent liegen. Und da es weniger verarbeitet wird, behält „Natives Olivenöl extra“ mehr Antioxidantien, Vitamin E und gesunde Fettsäuren, ist somit besonders gesund. Auf Platz 2 liegt das „Native Olivenöl“, das einen höheren Säuregehalt haben darf. Es gilt also: Je niedriger der Säuregrad, desto besser das Olivenöl. Wenn nur „Olivenöl“ auf der Flasche steht, stellen Sie sie bitte wieder zurück ins Regal. Hier handelt es sich in der Regel um ein aus minderwertigen Oliven industriell verarbeitetes Öl, das nichts mehr mit einem erstklassigen Produkt wie den beiden Erstgenannten zu tun hat. Ein weiteres Kriterium: Wenn Sie Olivenöl kaufen, sollten Sie unbedingt darauf achten, ob auf der Flasche ein Erntedatum angegeben ist. Falls ja: Je näher es liegt, desto besser!
Der erste Schritt zur Entscheidung wäre also getan. Nun muss der Geist nur noch aus der Flasche und zeigen, was er kann.


KUlturgut – Weit mehr als nur eine Ernte, sie ist ein tief verwurzelter Brauch in der mediterranen Kultur (Foto: shutterstock_Angel-Garcia-Jaime)

Reine Handarbeit! Dass wirklich schonend von Hand geerntet wird, ist wichtig, weiß Olivenöl-Expertin Kerstin Barduhn. Ein weiterer Punkt: Oliven dürfen keinen direkten Bodenkontakt haben, also die Erde nicht berühren. Tun sie das, können sie nicht weiter verarbeitet werden. Deshalb liegen immer Netze unter den Bäumen, in denen die Früchte aufgefangen werden. Dann geht’s am besten direkt in die Mühle, wo die Oliven noch gewaschen und dann vermahlen werden.


Aroma, Aroma, Aroma
Probieren Sie ein paar Tropfen Ihres Öls pur auf einem Löffel. Schmeckt es fruchtig, scharf und bitter? Glückwunsch! Dann haben Sie ein hervorragendes Olivenöl vor sich. Diese drei Attribute sind die einzigen, die offiziell zur Auszeichnung von Olivenölen verwendet werden dürfen. Ihre Intensität wird mit dem Zusatz leicht, mittel oder intensiv bewertet. Die Frische eines Öls lässt sich am besten an seiner Schärfe festmachen. Ein wichtiges, vielleicht das wichtigste Indiz für ein hochwertiges Olivenöl ist sein Aroma. Duftet es etwa nach frisch geschnittenem Gras, grünen Tomaten, Artischocken oder gar nach Zitrusnuancen, spricht auch das für seine Klasse. Trägt Ihr Olivenöl dann noch ein Qualitätssiegel eines renommierten Qualitätswettbewerbs, dann haben Sie mit Sicherheit einen großartigen neuen Mitspieler in Ihrer Küche. Zu den international renommiertesten Qualitätswettbewerben für Olivenöl zählt die NYIOOC World Olive Oil Competition. Mit dem Mario-Solinas-Preis prämiert der Internationale Olivenölrat die besten Olivenöle.

Ein Olivenöl ganz nach Ihrem Geschmack
Wer auf den Geschmack gekommen ist und tiefer in die Welt des Olivenöls einsteigen will, dem sei eine Olivenölverkostung empfohlen. Mit ein wenig Übung und Spaß an der Sache lernt man sehr schnell die Unterschiede kennen, eigentlich genau wie bei der Weinverkostung. Und findet heraus, welches Öl einem am besten schmeckt und für welche Gerichte und Zubereitungsarten es am besten geeignet ist. Für einen Salat beispielsweise verwendet der Profi ein anderes Olivenöl als zum Braten oder Backen.
Sie werden sehen – bald finden sich auch in Ihrem Küchenschrank sechs und mehr verschiedene Olivenöle.


Kurz nachgefragt bei Kerstin Barduhn

„Bestes Olivenöl schmeckt frisch-fruchtig, leicht bitter und angenehm scharf.“

Kerstin Barduhn Die Hamburger Olivenölexpertin hat 14 Jahre in Madrid gelebt und sich intensiv mit der Olivenöl-kultur beschäftigt. Sie teilt ihr Wissen und ihre Leidenschaft in
Seminaren und Tastings. olivenoelexpertin.de

Frau Barduhn, was zeichnet ein sehr gutes Olivenöl aus?
Ganz entscheidend ist das frische und fruchtige Aroma. Die Qualität des Olivenöls zeigt sich auch durch eine gewisse Bitterkeit und pfeffrige Schärfe. Wenn Sie also ein leichtes Kratzen im Hals spüren oder gar husten müssen, ist das das beste Erkennungsmerkmal für die Frische des Öls und bedeutet keinesfalls das Gegenteil. Wie intensiv nun diese Qualitätsmerkmale eines Olivenöls sind, hängt zum einen von der Sorte ab – wir haben über 1500 Sorten weltweit – außerdem vom Reifegrad der Olive, dem Zeitpunkt der Ernte und dem anschließenden Verarbeitungsprozess in der Mühle. All diese Faktoren sind verantwortlich für die Komplexität des Öls, dafür, dass wir Noten von Tomaten, Kräutern oder auch blumige Aromen schmecken. Bei einer Verkostung schmeckt und riecht man, ob es sich um ein grün-fruchtiges Öl handelt, also wirklich aus noch unreifen Oliven produziert, oder eines aus der reifen Frucht. Die Extraktion von grünen Oliven führt zu einem intensiven Olivenöl mit einem höchstmöglichen Gehalt an gesundheitsförderlichen Polyphenolen. Allerdings liefern diese Früchte weniger Öl.

Ist ein hoher Preis Garant für eine ebensolche Qualität?
Die Olivensorte, der Anbau und die Verarbeitung haben selbstverständlich nicht nur Einfluss auf die Qualität des Olivenöls, sondern auch auf seinen Preis.

Wie lange kann man bereits geöffnetes Olivenöl verwenden?
Wärme, Licht und Sauerstoff können Olivenöl zusetzen und das sollte bei der Lagerung berücksichtigt werden. Ich empfehle, es innerhalb von drei bis sechs Wochen aufzubrauchen. Dass das Öl seinen Qualitätszenit überschritten hat, merken Sie an der nachlassenden Schärfe und es kann schon etwas ranzig schmecken.

Kann Olivenöl problemlos erhitzt werden?
Ja, bedenkenlos auf bis zu 180 Grad Celsius. Im Mittelmeerraum nimmt man Olivenöl zum Braten, Frittieren und auch zum Backen.


Beautyelixir für Haut und Haar

Olivenöl ist nicht nur ein Küchenklassiker, sondern auch ein wirksames Naturheilmittel für Haut und Gesundheit. Es spendet Feuchtigkeit, wirkt dank den enthaltenen Polyphenolen entzündungshemmend und unterstützt die Hautregeneration.

(Foto: pexels-gary-barnes)

Das flüssige Gold ist reich an Vitamin A und E und anderen Antioxidantien, die die Haut vor schädlichen Umwelteinflüssen schützen und die Bildung von Falten reduzieren können. Aufgrund seiner straffenden und feuchtigkeitsspendenden Wirkung kommt es vor allem in der Anti-Aging-Pflege zum Einsatz.

Das Shampoo mit Olivenblatt-Extrakt und Weizenproteinen von Korres spendet Feuchtigkeit und pflegt trockenes und strapaziertes Haar angenehm weich. Ab 9,90 €, de.korres.com

OliveLove! Bio-Gesichtsöl gibt der Haut nur das, was sie wirklich braucht. Basis der naturreinen Hautpflege ist 100 Prozent Extra Vergine Bio-Olivenöl aus eigener Herstellung. 59 €, www.prodottiamano.com


Olivensorten nach Ländern

(Fotos: shutterstock/Kbiscuit; inacio pires; nito; Sylvie Lebchek; leopictures; Julia-Bogdanova)
  • Italien Als Königin der italienischen Oliven wird gerne die Coratina-Olive aus Apulien bezeichnet. Sie hat den höchsten Polyphenol-Gehalt weltweit! Die Frantoio-Olive, in der Toskana und Umbrien heimisch, erfreut mit ihrem intensiv grünen Öl mit fruchtigen Noten und Schärfe. Das Öl der Leccino-Olive hingegen ist weich und von dezenter Süße.
  • Griechenland Die kleine, würzige Koroneiki-Olive ist vorherrschend in der Olivenölproduktion. Das Öl hat einen hohen Gehalt an ungesättigten Fettsäuren, einen intensiven Duft und besitzt ein fruchtiges, leicht zitroniges Aroma. Die Kalamata-Olive mit leicht salziger Note ist besonders als Tafelolive beliebt.
  • Spanien Zu den bekanntesten Sorten zählt die Picual-Olive aus Andalusien. Sie liefert etwa die Hälfte des spanischen Olivenöls und hat einen kräftigen, fruchtigen Geschmack mit pfeffrigen und leicht bitteren Noten. Ebenfalls sehr beliebt: die Arbequina aus Katalonien, mit fruchtigem Aroma und kaum Bitterstoffen.
  • Portugal Am verbreitetsten sind die Sorten Carrasquenha, Galega und Rendondil. Die Galega-Olive macht etwa 80 Prozent der gesamten Olivenproduktion aus. Sie ist bekannt für ihr mildes und fruchtiges Aroma.
  • Frankreich Weit verbreitet ist die Olivenart Lucque, Ihr feiner Geschmack erinnert an buttrige Avocado und frische Haselnüsse. Liebhaber intensiver Aromen greifen zum Öl der Picholine-Olive.

Für Oliven-Fans

Hingucker Die handgefertigte Keramikflasche aus Italien in fröhlichen Regenbogenfarben ist befüllt mit 500 Milliliter feinstem Frantoio-Olivenöl. In den Geschmacks-varianten Medium Fruity und Intense Fruity. Diverse Flaschendesigns. 37 €. www.frantoiomuraglia.it

Speziell für Kinder Prämiertes Bio-Olivenöl aus Andalusien mit den fruchtig-süßen Aromen der Arbequina- und Picual-Oliven. 250 ml, 10,90 €. www.sunday.de

Salz oder Pfeffer? Jedes Stück ein Unikat. Die handgefertigte Mühle aus Olivenholz mit Keramikmahlwerk steht in drei Größen zur Verfügung. Drei Mühlen im Set ab 36,90 €. www.havo-designstudio.com

Echt Italien Diese Mischung verbindet die Süße der Taggiasca-Olive mit dem frischen Geschmack der Zitrone. Perfekt als Bruschetta auf frischem Weißbrot. Hergestellt in Italien. 180 g, 6,90 €, www.olico.it

Apéro-Time Oliven zum Aperitif sind immer willkommen. Erst recht, wenn man sie aus diesen hübschen Olivenschälchen im maurischen Stil picken kann. 8,90 €. www.schlossweine.de

My private Olivenhain Die Autorin erzählt nicht nur die Kulturgeschichte des Olivenöls, sondern nimmt uns mit in ihren privaten Olivenhain und verrät Tipps für Küche und Gesundheit. Edition Rauchzeichen, 208 Seiten, 24,90 €. www.editionrauchzeichen.com


Feinste Rezepte mit Olivenöl

Caponata aus Sizilien aus dem Buch „Rezepte aus dem Garten der Oliven“ vom Verlag Jacoby und Stuart

Caponata aus Sizilien

Zutaten für 6 Personen: 2 Auberginen, etwa 500 g, in Stücken von 3 x 3 cm ● 250 ml gutes Olivenöl zum Braten ● 3 Stangen Staudensellerie ● 1 Zwiebel, in Scheiben ● 2 EL gutes Olivenöl ●
250 ml gute Tomatensauce ● 30 g Kapern ● 60 g entsteinte Oliven ● ½ TL Chiliflocken ● ½ EL Honig ● 3 EL roter Balsamico ● glatte Petersilienblätter, grobgehackt ● frische Oreganoblättchen

Den Stangensellerie auf der rauen Seite schälen und in 1 cm große Stücke schneiden. Die Selleriestücke 5 Minuten lang blanchieren, abgießen und in Eiswasser abkühlen lassen. Beiseite stellen.
Die Zwiebelscheiben bei mittlerer Hitze 10 Minuten lang anbraten, ohne dass sie Farbe nehmen. Tomatensauce, Kapern, Oliven, Chiliflocken, Honig und Balsamico hinzufügen, ebenso Petersilie und Staudensellerie. 5 Minuten köcheln lassen.
In der Zwischenzeit die Auberginenstücke in 250 g Olivenöl zubereiten. Dafür das Öl in einen kleinen Topf gießen, sodass das Öl bis 2 cm unter den Rand reicht. Das Öl erhitzen, bis es brutzelt. Die Auberginenstücke portionsweise braten, damit das Öl nicht abkühlt. Wenn die Auberginenstücke golden sind, mit einem Schaumlöffel herausnehmen und auf mehreren Lagen Küchenpapier abtropfen lassen.
Zum Schluss die Auberginenstücke in die Pfanne zu den anderen Zutaten geben und einige Minuten köcheln lassen. Dabei die Auberginenstücke vorsichtig wenden. Das Gericht abkühlen lassen und mit dem Verzehr der Caponata am besten bis zum nächsten Tag warten. Essen Sie sie bei Zimmertemperatur, garniert mit frischen Oreganoblättchen.

Eis, Baby, Eis
Sängerin Dua Lipa war’s! Sie hat auf TikTok von ihrer Lieblings-Eisvariation geschwärmt, schon war ein Trend gesetzt, der eigentlich ein Klassiker ist: cremiges Vanilleeis getoppt mit feinem Olivenöl und für einen schönen salzigen Crunch kommen ein paar Flakes Fleur-de-Sel obendrauf. Das Wow-Geschmackserlebnis: Zu süßer Vanille gesellt sich die leicht herb grasige Note des Olivenöls, Salz hebt die Süße.

(Foto: shutterstock_Connect-Images—Curated)

Buchtipp
Die Rezepte stammen aus diesem Buch, das außerdem viele Infos und Geschichten rund um die Olive, ihr Öl und die mediterrane Küche bereithält. Verlag Jacoby und Stuart, 224 Seiten, 29 €. www.jacobystuart.de


Aufmacherbild: pexels-enginakyurt; shutterstock-Picture-Partners; AdobeStock-b. illustrations

Leckere Rezepte und Inspiration für noch mehr Küchen-Genuss lesen Sie in der aktuellen SPA inside.