Mein erster Weg in Dublin führt mich direkt nach Temple Bar, den touristischen Hotspot der Stadt. Mein Flugzeug ist spät gelandet, ich habe Hunger und möchte nicht lange suchen. Also rein in die Menschenmenge, die durchaus auch aus Einheimischen besteht. Ich gönne mir einen Boxty, eine Art Puffer aus gestampften Kartoffel und typisch irisch. Anschließend lasse ich mich durch die Kopfstein-gepflasterten Gassen des Party-Viertels treiben und lande schließlich in einem der vielen Pubs, in denen Live-Bands auftreten. Bingo! Gleich drei To do’s am ersten Abend abgefeiert: Temple Bar, irische Leckereien und Live-Musik.

Cooler Mix aus alt und neu
Fair City, die schöne Stadt, nennen die Iren Dublin. Schön ist nicht das erste, was mir einfällt. Eher cool! Diese Mischung aus alten Gemäuern und postmodernen Glaspalästen, viktorianischer Noblesse und Grafitti-bunter Rotzigkeit nimmt mich sofort gefangen. Traditionen sind hier lebendig und werden spielerisch gepflegt. Hoch- und Populärkultur sind dabei kein Widerspruch, sondern ergänzen sich zu einem unwiderstehlichen Ganzen. Etwa in Sachen Musik: In keiner Stadt habe ich je so viele Gigs erlebt wie in Dublin. Nicht nur in den unzähligen Pubs, die ihre Gäste mit Live-Musik von Irish Folk bis Rock und Pop anlocken. Sondern auch auf der Straße, etwa in der berühmten Grafton Street, wo ein Musiker nach dem anderen um die Aufmerksamkeit der Passanten buhlt – manchmal auch prominente Künstler, die gerade in der Stadt sind und eine kleine Überraschungs-Performance hinlegen.

Wechselvolle Vergangenheit
Bei aller Lebensfreude ist die Geschichte der Stadt und Irlands im Allgemeinen eine Geschichte von Unterdrückung, Elend und Widerstand. Das dennoch humorvoll und kurzweilig rüberzubringen, gelingt den Guides des „Little Museum of Dublin“. In nur 30 Minuten vermitteln sie die wichtigsten historischen Eckpfeiler, und das mit einem Augenzwinkern. Ein Tipp für alle, die gern den Background ihrer Reiseziele kennen. Weitere spannende Einrichtungen wie das EPIC Irish Emigration Museum oder Dublin Castle eröffnen zusätzliche Einblicke und ein tieferes Verständnis für die irische Seele. Die kann man aber auch prima ergründen, wenn man entspannt auf dem breiten Board Walk am River Liffey entlang schlendert und anschließend bei einer Pint Guinness den Klängen von Banjo, Fiddle und Tin Whistle lauscht: „In Dublin’s fair city, where the girls are so pretty …“ Sláinte!

(Foto: iStock_Liz-Leyden)

Christ Church & St. Patrick’s Cathedral

Obwohl fast 70 Prozent der Menschen in der Republik Irland katholisch sind, gehören die zwei wichtigsten Kirchen Dublins zur anglikanischen Church of Ireland. Christ Church ist das ältere, St. Patrick’s das größere der beiden Gotteshäuser. Der Nationalheilige
Patrick soll hier die ersten Iren getauft haben. Der ursprüngliche keltische Holzbau ist längst verschwunden, nach einem Brand wurde St. Patrick’s im viktorianischen Stil erneuert.
Jonathan Swift, Autor von „Gulliver’s Reisen“, ist hier bestattet. Christ Church geht auf den Wikingerkönig Sigtrygg Seidenbart zurück. Wer mehr über Dublins Wikingerzeit erfahren möchte, sollte das nahegelegene Museum Dublinia besuchen. Dort gibt es auch interaktive Angebote für Kinder. www.dublinia.ie


Freilaufendes Wild kann man im Phoenix Park bestaunen. (Foto: shutterstock_Dawid-K-Photography)
St. Stephen’s Green lädt zum Picknick ein. (Foto: iStock_Liz-Leyden)

Dublins grüne Inseln

Es gibt einige schöne Parks in Irlands Hauptstadt, der größte ist der Phoenix Park. Ursprünglich ein Jagdrevier für den Adel, kann man dort heute noch grasende Hirsche beobachten. Außerdem beherbergt der Park einen Zoo und bietet zwischen Blumenrabatten, Teichen und Spielplätzen viel Fläche zum Picknicken. Weitere beliebte Parks sind St. Stephen’s Green und Merrion Square.


(Foto: shutterstock_Mariza-Halliday)

Farbenfrohe Stadt

Dublin ist voller Straßenkunst. Ob an Häuserwänden oder auf Stromkästen – die teilweise renommierten Künstler verwandeln so manche graue Fläche in eine farbenfrohe Augenweide.

Weil die Hausfassaden im 18. Jahrhundert aufgrund von Bauauflagen alle gleich aussahen, setzten die Besitzer mit bunten Türen persönliche Noten. Heute sind sie ein Wahrzeichen.

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Hell erleuchtete Hausfassaden, schmale Gässchen mit Kopfsteinpflaster und ein Pub nach dem anderen prägen das Erscheinungsbild von Temple Bar. (Foto: iStock-_arcady_31)
In irischen Pubs ist Live-Musik gang und gäbe. Zum traditionellen Instrumentarium gehören Banjo, Akkordeon, Fiddle (Geige), Tin Whistle (Blechflöte) und Bodhran (eine flache runde Trommel). (Foto:www.killianbroderickphotography.com)

Temple Bar: Künstlerviertel und Party-Zone

Das alte Handwerker-Viertel wäre fast der Abrissbirne zum Opfer gefallen. Doch dann mieteten sich in den preiswerten Immobilien junge Künstler und Galerien ein und Temple Bar entwickelte sich zu einem kulturellen Hotspot. Schon am Tag ist einiges los in den quirligen Gassen, am Abend verwandelt sich das Viertel dann endgültig in einen Tummelplatz für Party-Willige. Junggesellinnen-Abschiede vermischen sich mit Touristen aus aller Welt, Alt und Jung genießen in einem der vielen Pubs eine Pint Guinness und lauschen den Musikern, die allabendlich live ihre Kunst zum Besten geben. Auch, wenn’s überlaufen ist – ein Erlebnis ist es allemal!


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Lebensechte Wachsfiguren veranschaulichen das Leben an Bord. Redakteurin Katja Kösztler konnte die Enge unter Deck deutlich spüren

The Famine

Wer nach Dublin reist, kommt um die „Große Hungersnot“ durch massive Ernteausfälle nicht herum. Denkmäler, Museen und Lieder erinnern an dieses nationale Trauma, das in der Mitte des 19. Jahrhunderts die irische Bevölkerung stark dezimierte. Wer nicht starb und es sich leisten konnte, wanderte aus, vor allem in die USA. Auf der Jeanie Johnston wird die Geschichte greifbar. In dem Nachbau eines historischen Dreimasters, der am Liffey-Ufer ankert, spürt man die Enge unter Deck und erfährt erschreckendes und Berührendes über die Gefahren auf den Auswandererschiffen sowie die Schicksale der Emigranten.


(Foto:shutterstock_Eoghan-McNally)
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Architektur & Business: Die Docklands

Maritimes Flair und zeitgenössische Architektur gehen im Hafenviertel Dublins eine spannende Verbindung ein. Die Lagerhallen, Kräne und einfachen Wohnstätten der Hafenarbeiter und ihrer Familien sind nach und nach modernen Bauwerken aus Stahl, Beton und Glas gewichen, in denen vorwiegend Büros, Kultureinrichtungen und Kongresszentren untergebracht sind. Aber auch einige der ursprünglichen Gebäude sind erhalten geblieben, etwa das urige Pub The Ferryman am Sir John Rogerson’s Quay. In den Lagerschuppen am Liffey-Ufer laden heute Cafés und Restaurants zum Verweilen ein. Besonders eindrucksvoll sind die Gebäudeensemble am Grand Canal Square, allen voran das Bord Gáis Energy Theatre, das von Star-Architekt Daniel Libeskind entworfen wurde. Ein weiteres Highlight ganz in der Nähe ist die Samuel-Beckett-Brücke, für die eine irische Harfe als Vorbild diente. Apropos: Musikfans sollten dem Windmill Lane Recording Studio einen Besuch abstatten. Hier haben schon Künstler wie U2, Metallica oder Lady Gaga Songs und Alben aufgenommen.


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„Sphere within Sphere“, Kugel in der Kugel, heißt die Bronzeplastik vor der Hauptbibliothek von Trinity College. Das Geschenk des italienischen Künstlers Arnaldo Pomodoro symbolisiert die Entstehung einer neuen Welt aus einer alten. Oder neues Wissen, das aus altem hervorgeht. (Foto: shutterstock_Only-Fabrizio)
(Foto: Barry-McCall)

Trinity College & Long Room

Trinity College ist eine kleine Welt für sich mitten im Zentrum Dublins. An der ältesten und wichtigsten Universität des Landes haben Berühmtheiten wie Schriftsteller Oscar Wilde oder Musiker Hozier studiert. Heute bereiten sich hier rund 20 000 junge Menschen aus aller Welt auf ihren akademischen Abschluss vor. Herzstück des Gebäudeensembles im georgianischen Stil ist der Long Room, eine der bedeutendsten Bibliotheken Europas mit über 200 000 alten Büchern sowie Marmorbüsten berühmter Denker. Hogwarts lässt grüßen! Auch eine der ältesten erhaltenen irischen Harfen ist hier zu sehen. Sie diente als Vorbild für das offizielle Symbol, das irische Münzen und Dokumente ziert. Aktuell ist im Long Room die Installation Gaia zu sehen, eine mächtige, leuchtende Weltkugel, die über den Köpfen der Besucher schwebt.


Im Pub schmeckt’s am besten

(Fotos: shutterstock_VanderWolf-Images_Smit_TetianaYurchenko)

„Black Stuff“, schwarzer Stoff, nennen Fans das dunkelrote Bier mit dem sämigen Schaum und der malzigen Note. Man muss es mögen, denn es hat eine stark bittere Komponente. Farbe und Geschmack verdankt Guinness dem hohen Anteil an gerösteter Gerste. Liebhaber vergleichen das Aroma gern mit Schokolade oder Kaffee.

Dublin ist die Heimat von Guinness. Wer mehr über das ikonische Bier erfahren möchte, sollte sich das Guinness Storehouse ansehen, die meistbesuchte Touristenattraktion Irlands. Hier werden 250 Jahre Bierbraukunst erlebbar gemacht, und von der Gravity Bar auf dem Dach hat man eine fantastische 360-Grad-Aussicht auf die Stadt. Auch Freunde des irischen Whiskey kommen in Dublin nicht zu kurz. In den Distillerien von Jameson oder Teeling erhält man Einblicke in die Produktion des hochprozentigen Getränks, das Kenner – im Gegensatz zur schottischen Variante – als fruchtig und mild bezeichnen.

Besondere Pubs

  • Rustikale Gemütlichkeit: The Brazen Head gilt als ältestes Pub Irlands. Uriges Flair mit Holzdecken und offenem Kamin. Mein Tipp: Das „Storytelling Dinner“ am Sonntagabend. brazenhead.com
  • Legendäres Musik-Pub: O’Donoghues eine Pilgerstätte für Fans der legendären Band The Dubliners, die sich hier formierte. Allabendliche Live-Musik. www.odonoghues.ie/
  • Für Literatur-Fans: Davy Byrne’s Bekannt aus James Joyce’s Jahrhundertwerk „Ulysses“, beeindruckt durch Art-Deco-Interieur. davybyrnes.com
  • Plüsch und Perücken: Peruke & Periwig Cocktailbar in einer alten Perückenmanufaktur mit großer Auswahl an kreativen Drinks. Samt, Ölgemälde und Antikes prägen die Atmosphäre. peruke.ie
The Brazen Head (Foto:shutterstock_Sergey-73)

Irish Kitchen

Die irische Küche ist deftig, rustikal und fleischlastig. Zum klassischen Pub Food gesellen sich aber immer häufiger leichte, vegetarische Speisen.

Der Klassiker – Irish Stew (Foto: shutterstock_Nickola_Che)
Fish & Chips (Foto: shutterstock_wong-yu-liang)
Frischer geht’s nicht: Austern in Donegal (Foto: Kerry Master)

Das Dublin Coddle ist ein typisches Essen der Arbeiterklasse: deftig, sättigend und mit erschwinglichen Zutaten. Es handelt sich dabei um eine Art Eintopf, für den Gemüse, Speck, Wurst und Kartoffeln in einem Topf geschichtet und in Guinness oder anderer Flüssigkeit geschmort werden. Ein weiterer Liebling der Dubliner ist Boxty. Es gibt verschiedene Varianten. Grundlage sind immer Kartoffeln, die mal gerieben, mal gestampft weiterverabreitet werden – zu einem Puffer oder Pfannkuchen.
Irish Stew fällt einem als erstes ein, wenn von irischer Küche die Rede ist. Den saftigen Eintopf mit Lammfleisch, Kartoffeln, Wurzelgemüse und Zwiebeln sollten Sie unbedingt probieren.
Für Freunde von Fisch und Meeresfrüchten ist Irland das reinste Paradies. Viel frischer geht nicht! Einfach, aber lecker sind Fish & Chips. Wer’s exklusiver mag, sollte Austern bestellen, am besten aus Donegal.


Shopping macht hier richtig Spaß

Anzahl und Bandbreite der Geschäfte sind riesig. Design und Secondhand, Vintage und topmodern, Massenware und Unikate – hier gibt es fast alles.

Das Powerscourt Townhouse Centre

Powerscourt Townhouse Centre: Das ehemalige Adelsdomizil aus dem 18. Jahrhundert beherbergt heute eine Vielzahl an vorwiegend inhabergeführten Geschäften, von Kosmetik über Fashion und High End Secondhand bis hin zu Juwelieren. Die meisten haben eine klaren Fokus auf irisches Design. Hinzu kommen Cafés und ein Restaurant – der perfekte Ort, um einen regnerischen Tag im Trockenen zu vertrödeln!


Bester Lesestoff

Book of Kells Dublin ist offizielle City of Literature der UNESCO. Kein Wunder, denn so bekannte Literaten wie Jonathan Swift, Samuel Beckett oder James Joyce lebten und wirkten hier. Ein absolutes Highlight für Bücherfans ist das Book of Kells, ein handgeschriebenes Evangeliar aus dem achten oder neunten Jahruhundert mit kunstvollen Dekorationen und verschlungenen Ornamenten. Es kann in Trinity College besichtigt werden.

Christliche und keltische Symbole gehen im Book of Kells eine Symbiose ein (Foto: shutterstock_EWY-Media)

Oscar Wilde Die Werke des Enfant terrible der irischen Literaturszene gehören längst zum Kanon der Weltliteratur. Der Dandy ist in Dublin allgegenwärtig, etwa als Skulptur am Merrion Square, wo er lässig auf einem Felsen fläzt.

70 landestypische Rezepte von Irish Stew über Sheperd’s Pie bis zu Chocolate Guinness Cake, garniert mit unterhaltsamen Geschichten. Christian Verlag, 29,99 €.

Der reich bebilderte Band zeigt und beschreibt die versteckten Ecken und verborgenen Schönheiten der irischen Hauptstadt. Midas Verlag, 25 €.

Karten, Zahlen, Fakten und kuratierte Spaziergänge durch die einzelnen Viertel, dazu viele Tipps für Sightseeing, Shopping und Genuss – im Handtaschenformat. Dumont, 14.95 €.

Zehn Touren durch die Stadt, zehn Ausflüge in die Umgebung, dazu 42 Detailkarten und ein herausnehmbarer Stadtplan. Michael Müller Verlag, 19,90 €.


Die Beste Adresse um in Dublin zu übernachten ist für uns das Anantara The Marker Dublin Hotel. Lesen Sie im Beitrag warum das 5-Sterne-Haus am Grand Canal Square uns absolut überzeugt hat:


Aufmacherbild: Shutterstock/Madrugada Verde

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