Nicht nur unsere Branche verändert sich in rasantem Tempo. Der radikale Wandel erfasst alle Bereiche in Wirtschaft und Gesellschaft – und damit unser Konsum- und Freizeitverhalten, unsere Art zu arbeiten, die Normen und Werte, die unser Denken und Fühlen beeinflussen. Veränderungen gibt es auch beim Wie, Wo und Was wir konsumieren und welchen Marken wir vertrauen. Wer im Markt bestehen will, muss vorausdenken, bereit sein, mit Konventionen zu brechen, neue Lösungen suchen und den Mut haben, sie auch in die Tat umzusetzen.
Das Motto der 62. Parfümerietagung, „So geht Zukunft“, war daher bestens gewählt und stieß am 11. und 12. April auf eine große Resonanz. Mehr als 100 Tagungsgäste erlebten im Lindner Congress-Hotel in Düsseldorf sehr gute Vorträge und nutzten – auch bei der Abendveranstaltung – die Gelegenheit zum Austauschen und Netzwerken.

Wie man Veränderungen kommuniziert und wie man es schafft, Mitarbeiter und Geschäftspartner dafür zu gewinnen, dazu gab es praxisnahe Tipps und Empfehlungen von Peter Holzer. Der Focus-Kolumnist und Dozent an der Business School des St. Gallen Management Instituts sprach von Problemen (schöner: Herausforderungen), die allen nur zu bekannt sind, um dann Lösungen aufzuzeigen. Jeder kennt den Input-Virus: Wir versuchen zum großen Teil vieles selbst und vieles gleichzeitig zu machen. Gerade wenn es um Veränderungen geht, ist es jedoch ratsam, sich auf wenige Dinge zu fokussieren, und diese aber richtig zu machen. Auch der Sympathie-Virus grassiert, heißt: Wir haben keine Streitkultur mehr, alles wird relativiert. Doch letztendlich ist es zielführender, sich auseinanderzusetzen.
„Sie brauchen unbequeme Leute im Team“, erklärte Peter Holzer. Er empfiehlt, demokratisch zu agieren, wenn es um Entscheidungen geht, doch diktatorisch, wenn es um die letztendliche Umsetzung geht: „Wirken Sie als starke Führungs-Persönlichkeit“.
Was kommt? Was bleibt? Was geht? Fragen, die aktuell jeden beschäftigen, beleuchtete Ayaan Hussein vom BAT Institut – Stiftung für Zukunftsfragen in Hamburg (siehe dazu auch focus-Beitrag in INSIDE beauty 1/2016, Seite 64 ff).
Fakt ist, dass die Medienflut die Kontaktarmut fördert. Freundlichkeit und individueller Ansprache in den Geschäften komme daher eine große Bedeutung zu. „Es lohnt sich, in Freundlichkeit zu investieren“ und „Mit Service können Sie den Kunden etwas schenken“, so Ayaan Hussein.
Depotsystem am Ende? Über aktuelle Probleme und die zukünftige Ausgestaltung selektiver Vertriebssysteme referierte Dr. Christian Bahr von Field Fisher Waterhouse Deutschland LLP. Dass auch dieses Thema auf große Resonanz traf, zeigten die vielen detaillierten Fragen nach seinen Ausführungen. Das Fazit des Experten: „Auch in Zukunft muss das Ziel des Dpotsystems die Aufrechterhaltung einer hohen Qualität sein und nicht etwa die Sicherung hoher Preise und Margen.“
In der abschließenden Podiumsdiskussion, moderiert von Dr. Bodo Kubartz, Passion and Consulting, ging es um Chancen und Risiken neuer Sortimente. Erfolgreiche Unternehmer aus dem Handel gaben Einblicke in ihren Geschäftsalltag. Nachfolgend die wichtigsten Kernaussagen zu den Trend-Themen der nächsten Jahre: Online, Nischenmarken und Naturkosmetik.
„Es ist unglaublich, was wir mit kompetenter, ehrlicher Beratung erreichen können. Wir geben den Kunden Zeit. Und das wird so gern genutzt…, es entsteht eine Bindung, die die Kunden immer wiederkommen lässt“, so Hildegard Bayerschmidt, Parfümerie Hildegard Bayerschmidt, Rottach-Egern.

„Online macht den Markt sicher nicht einfacher, doch an MultiChannel führt kein Weg vorbei. Wenn man die entsprechenden Tools nutzt, eröffnen sich große Chancen. Die wirkliche Differenzierung machen jedoch die Menschen aus – dort wo der Kunde perfekt abgeholt wird, werden die Umsätze gemacht“, so Mattias Mußler, Mußler Beauty, dergepflegtemann.de, beautynet.de, Stuttgart
„Der Vertriebskanal Parfümerie hat mit Naturkosmetik mit Abstand die meisten neuen Käufer gefunden. Eine Parfümerie 3.0 ohne Naturkosmetik wird es nicht geben“, so Elfriede Dambacher, naturkosmetik konzepte, Dortmund
„Den Verkäufer von gestern gibt es nicht mehr. Um Erlebnisse in den Geschäften zu zelebrieren, brauchen wir qualifizierte Mitarbeiter, die Spaß an ihrer Arbeit haben“, so Trudelies Grigoletto, Expertin für Verkauf und Unternehmenserfolge, Wuppertal
„Die soziale Kompetenz unserer Mitarbeiter wird immer wichtiger. Mit Dienstleistungen können wir die Bindung zum Kunden herstellen und verstärken und Erlebnisse schenken“, so Barbara Summerer, Parfümerie & Wäschegalerie Boos in Andernach, Präsidentin des Bundesverband Parfümerien e.V.
„Begeisterte Mitarbeiter sind der Schlüssel zum Erfolg“, so Kai Renchen, Parfümerie akzente und parfumdreams.de, Pfedelbach

Fotos: (C) Wicho Herrmann-Kümper