Was kommt? Was bleibt? Und was wird in Zukunft noch wichtiger werden? INSIDE beauty hat Markt- und Trendforscher nach ihren Einschätzungen gefragt. Lesen Sie, was den Pflege-, Duft- und Herrenmarkt bewegen wird und was Fachhändler noch besser machen können, um attraktiv zu bleiben. Attraktiv für Kunden, die sich vermehrt nach Rückzugsorten, – gern auch in der Natur – nach dem Echten und Ursprünglichen sehnen. Und die viel Wert auf eine auf sie zugeschnittene Ansprache legen. (Foto: hess natur/de.hessnatur.com)

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nicole_kremerNicole Kremer kennt die Branche bestens, war sie doch zwei Jahrzehnte in den Top- Kosmetik-Konzernen aktiv. Heute gibt sie ihr Wissen als Unternehmensberaterin und Business Coach sowie als Key Note Speaker weiter. Ihre Leitmaxime: Konsumenten wollen durch Leidenschaft und Liebe zu den Produkten begeistert werden.
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Im Allgemeinen werden sich die Trends aus 2013 im neuen Jahr weiter verstärken, ob in der Pflege, im Duft, in der Vermarktung oder im On- und Offline- Geschäft. Wirklich neue Entwicklungen sind am Markt nicht wirklich erkennbar.

Pflege Auch hier gilt nach wie vor: Green ist chic – Die Nachfrage nach Naturkosmetik steigt weiter stetig. Immer mehr neue Marken sprießen wie die Champignons aus dem Boden: ob es visionäre Hersteller mit hehren Vorsätzen und Ideen sind oder die Mass Market-Industrie, die dem Trend mit naturnahen Produkten folgt. Was tatsächlich Natur ist und was nicht, wird mehr und mehr verwaschen. Aufgabe des Verbrauchers: das Echte vom Unechten zu unterscheiden. Aber auch die Hightech-Kosmetik ist weiter auf dem Vormarsch und denkt sich kontinuierlich neue, komplizierte Wirkstoff- Komplexe aus mit Namen, die man nicht aussprechen kann und sich erst recht nicht merken kann. Schon ein wenig nach dem Motto „blind them with science“. Die Konsumentinnen werden es schon kaufen, weil sie daran glauben wollen. Gleichzeitig lassen sie mehr und mehr natürliche Wirkstoffe einfließen, da das im Trend liegt. Im Gegenzug verfolgen auch immer mehr Naturkosmetikmarken, dem Anspruch nach „Performance“ gerecht zu werden. Um neue Konsumenten zu gewinnen, sind deutlich sichtbare und schnelle Ergebnisse ein „Must“. Also werden auch hier die Grenzen zwischen diesen beiden Strömungen – Hightech und Natur – immer fließender.

Duft Die Individualisierung der Düfte wird in jedem Fall weiter voranschreiten mit hochwertigsten Ingredienzien, aufwändigen Verpackungen: sozusagen der Traum aus 1001 Nacht. Dafür sind Kunden bereit, einen vielfach höheren Preis zu zahlen. Diese Düfte sind eben auch Ausdruck für das Image, das sie selbst gerne pflegen. Designerdüfte sind weiterhin auf Erfolgskurs. Die „Demokratisierung“ der Düfte – fast jeder Verbraucher hat mindestens einen Designerduft zuhause – hat fast Mass-Market-Züge bekommen. Das Online-Geschäft mit einem enormen Preiskampf spielt den Verbrauchern dabei aber auch oft in die Hände.

Emotionen bitte! Jedes Mal, wenn ich in einem Apple-Store bin, bin ich fasziniert: Diese Marke schafft es über alle Generationen hinweg echte Fans zu generieren. Sie sind bereit für Design und Zugehörigkeit einen hohen Preis zu zahlen. Und ich bin auch dabei (auch wenn ich mich lange gewehrt habe). Wenn man beim Eintreten gleich von einem coolen Youngster mit Knopf im Ohr und Ipad auf dem Arm empfangen wird, gut organisiert an einen Termin kommt, freundlich und kompetent von den Mitarbeitern – selbst die größten Apple-Fans – beraten wird, eine Lösung für sein Problem bekommt, und trotz Rummel im Laden glücklich wieder rausgeht, und sich nicht sorgt darüber, dass die Kreditkarte mal wieder heiß gelaufen ist. Das ist konsequente Markenführung par excellence! Als Marke, die mehr und mehr treue Fans findet, sehe ich auch MAC Cosmetics. Immer, wenn ich mal wieder an einem Counter oder einem Store vorbeikomme, wimmelt es von begeisterten Make-up- Artisten, die ihre Produkte professionell anwenden und erklären. Hier wird Emotion gelebt: frech, frisch, authentisch! Die Kundin bekommt eine professionelle Beratung, sie lernt was für zuhause, sie erhält überdurchschnittlichen Service, innovative Produkte und das coole Markenimage kann sie auch nach außen demonstrieren. Allein die letzte Rihanna-Kollektion war innerhalb weniger Stunden ausverkauft. Cleveres Marketing mit den angesagtesten Showgrößen! Das liebt die Zielgruppe! Auch hier spielt das Thema „Zugehörigkeit“ eine wesentliche Rolle.

Kommunikation Meine Empfehlung für Fachgeschäfte lautet: Der Fachhandel sollte das Online- Geschäft nicht verdammen, sondern es zum Verbündeten machen. Diejenigen, die verstehen Offline- und Online-Geschäft geschickt und innovativ miteinander zu verknüpfen, sind die Gewinner. Burberry hat sich das zukunftsweisend zunutze gemacht. Im Londoner Flagship- Store werden die Kunden, die eine Kundenkarte besitzen, auf einem Screen mit Namen am Eingang begrüßt. Der Stylist des Vertrauens, der diesen Kunden vormals bedient hat, wird angekündigt: Er sei heute im Haus und wartet bereits. Dieser weiß per Ipad genau, wo die Vorlieben des Kunden liegen und kann entsprechende Angebote machen. Die Personalisierung, das „Berühren“ des Kunden, ihm zeigen, dass er wichtig ist, das kann die Verbindung aus On- und Offline-Welt schaffen. Es geht darum, mehr Erlebnis im Geschäft zu inszenieren und damit das Shoppen zu einer außerordentlichen Erfahrung für den Kunden zu machen – ob durch die Art der Produktpräsentation, das Involvement des Kunden oder den außergewöhnlichen Service-Features. „Can you hear the sizzle?“ oder „Exceed expectation“ – das waren immer Leonard Lauders‘ Maximen. Der Kunde muss „den Braten“ riechen, schmecken fühlen, können. Ihm muss der Mund im wahrsten Sinne des Wortes wässrig gemacht werden. Für mich spielt aber bei der Beratung auch Mut eine wichtige Rolle. Wie oft sehe ich die typische Parfümerie-Kundin, die überschminkt ist oder „überbehandelte“ Haut von ihrem plastischen Chirurgen mitbringt. Hier gilt es aufzuklären, das Vertrauen der Kundin zu gewinnen, sie offen, ehrlich, echt und authentisch zu beraten. Zeigen Sie ihr, was ihr steht und was nicht, welche Behandlung welche Auswirkungen haben kann und welche nicht. Wie viele Frauen haben einfach keinen Abstand mehr zu sich und sehen im Spiegel nicht, wie sie tatsächlich aussehen. Sie sind süchtig nach mehr. Das verlangt natürlich auch psychologisches Gespür von den Fachberatern, aber das kann man lernen. Und das kann Online nicht! Meine Empfehlungen für die Industrie, um ihre Marken zu differenzieren: Haben Sie mehr Mut zum Andersein! Der fehlt bislang definitiv! Bei den Produkt Managern, erst recht auf deren Chefetagen. Alle klammern sich an Marktforschung, die letztendlich nur Plattitüden und Generalisierungen zum Ergebnis hat. Zu polarisieren traut sich heute keiner mehr, aus Angst seinen Job zu verlieren. Dove hat erfolgreich gezeigt, dass es geht. Inzwischen rudert man allerdings zum Teil wieder zurück in alte Muster. Denn die Marktforschung sagt, dass die üblichen Traumfiguren mit Beauty-Faces die besseren Verkaufsergebnisse erbringen. Den Weg des Andersseins konsequent zu gehen, das ist die Kunst. Das braucht Durchhaltevermögen und echte Innovationskraft!

Online & Offline Hier sind der Kreativität keine Grenzen gesetzt. Die Fachgeschäfte können noch viel innovativer werden und sich Erfolgsmodelle anderer Branchen – beispielsweise in der Mode – anschauen und auf ihre Geschäfte übertragen. Oder auch mal umgekehrt versuchen, zu verstehen, warum die reinen Online-Shops inzwischen erkannt haben, wie wichtig Retail-Präsenz in den gut frequentierten Innenstädten sind. Da rollt noch einiges auf uns zu. Wer nicht das finanzielle Polster für eine eigene Online-Plattform hat, sollte die Angebote seiner Kooperation bezüglich Online-Präsenz und Online Shop nutzen.