Das gute alte Krafttraining erlebt gerade ein Revival und etabliert sich vom Hardcore-Workout für Muskelmacker zum Breitensport – auch und gerade für Frauen in den Wechseljahren. Personal Trainer Philipp Zimmer sprach mit uns über den Sport und wie Wellnesshotels davon profitieren können.
Herr Zimmer, Krafttraining liegt im Trend. Wie können Wellnesshotels mitgehen?
Der moderne Wellnessgast sucht heute nicht nur Ruhe und Entspannung, sondern möchte aktiv etwas für seine Gesundheit tun. Krafttraining passt perfekt in dieses ganzheitliche Konzept, weil es Kraft, Haltung und Stoffwechsel stärkt und gleichzeitig Körperbewusstsein und mentale Stärke fördert. Wellnesshotels können diesen Trend aufgreifen, indem sie funktionelle Trainingszonen schaffen – also Bereiche mit Freihanteln, Kettlebells, TRX-Systemen oder modernen Kraftgeräten – und ihren Gästen gleichzeitig eine individuelle Betreuung anbieten. Denn nicht die Geräte machen den Unterschied, sondern das Konzept dahinter.
Lange galt Krafttraining als knallhartes Gewichtestemmen für Männer, die Muskelberge aufbauen wollen. In jüngster Zeit wird es immer häufiger wie ein Breitensport gehandelt, insbesondere Frauen sollen davon profitieren. Was genau steckt dahinter?
Krafttraining hat sein altes Image längst abgelegt. Heute wissen wir, dass es nicht nur um Muskelmasse geht, sondern um Gesundheit, Wohlbefinden und Leistungsfähigkeit. Für Frauen ist es besonders wertvoll, da es Osteoporose vorbeugt, den Stoffwechsel ankurbelt, die Körperhaltung verbessert und strafft – ohne dass sie automatisch „zu viele Muskeln“ aufbauen.
Für wen genau ist Krafttraining überhaupt geeignet und für wen nicht?
Prinzipiell für alle Altersgruppen und Geschlechter – vom Jugendlichen bis ins hohe Alter. Jeder kann davon profitieren, solange die Übungen an die individuelle Konstitution angepasst werden. Einschränkungen gibt es nur bei akuten Verletzungen oder medizinischen Kontraindikationen. In meiner Arbeit ist Krafttraining fester Bestandteil fast jeder Betreuung – unabhängig vom Ziel. Ob Gewichtsreduktion, Leistungssteigerung oder Schmerzprävention: Ein gut geplantes Krafttraining bildet die Basis.
Mentale Stärke durch körperliche Fitness
Nach welchen Kriterien wird das Trainingsprogramm erstellt?
Wichtig sind das Ausgangsniveau hinsichtlich Kraft, Beweglichkeit und Vorerfahrung, die Zielsetzung, z. B. Muskelaufbau, Fettabbau, Rehabilitation oder Leistungssteigerung, gesundheitliche Voraussetzungen und die verfügbare Zeit. Das Programm sollte immer individuell sein und regelmäßig angepasst werden. Ein typisches Training dauert 45–60 Minuten und besteht aus Aufwärmen, leichtem Cardio, Kraftübungen mithilfe von Gewichten oder dem eigenen Körper sowie Cool-down mit Stretching.
Welche Hilfsmittel gibt es fürs Krafttraining?
Gängige Tools sind Kurz- und Langhanteln, Kettlebells, Kabelzugmaschinen, Hantelbänke und Widerstandsbänder. Man kann aber auch Bodyweight-Übungen ganz ohne Tools absolvieren, einfach mit dem Gewicht des eigenen Körpers: etwa mit Liegestützen, Kniebeugen, Ausfallschritten, Planks oder Klimmzügen.
Wie lange und häufig sollte man trainieren, um sichtbare und spürbare Ergebnisse zu erzielen?
Zwei bis drei Einheiten pro Woche sind optimal. Erste spürbare Effekte wie gesteigerte Kraft und mehr Energie treten oft nach vier bis sechs Wochen auf. Sichtbare Veränderungen wie Muskeldefinition oder Körperstraffung werden meist nach acht bis 12 Wochen deutlich. Man bekommt eine bessere Haltung und hat weniger Beschwerden in Rücken oder Gelenken. Die Knochendichte erhöht sich, der Kreislauf wird stabiler, außerdem gibt es hormonelle Vorteile, etwa mehr Insulinsensitivität.
Krafttraining sieht auf den ersten Blick immer ein bisschen nach spaßbefreitem Abrackern aus. Wie kann man den Fun Factor erhöhen?
Abwechslung ist der Schlüssel: verschiedene Übungen, Musik, Training mit Partnern oder bei Retreats. Fortschritte dokumentieren motiviert enorm. Wichtig ist auch, sich kleine Ziele zu setzen und diese zu feiern.
Sie selbst haben kürzlich in Zusammenarbeit mit Steigenberger Hotel & Resort Camp de Mar auf Mallorca erstmals einen Fitness-Trip gestaltet. Worum geht es bei dem Konzept?
Mit meinem Fitness-Trip-Angebot unterstütze ich Hotels dabei, genau solche ganzheitlichen Programme umzusetzen. Ziel ist es, die Teilnehmer individuell abzuholen – körperlich, gesundheitlich und mental. Im Vorfeld erstellen die Gäste ein Ernährungsprotokoll und können auf Wunsch einen Blutzucker-Tracker verwenden, um ihren Stoffwechsel besser zu verstehen. Ergänzend führe ich eine Körperzusammensetzungsanalyse, Bluttests (sofern gewünscht) sowie eine umfassende Gesundheits- und Zielerhebung durch. Auf dieser Basis entwickle ich einen maßgeschneiderten Trainingsplan, der gezielt auf die Bedürfnisse und Ziele jedes Teilnehmers abgestimmt ist. Während des Aufenthalts trainiere ich individuell oder in Kleingruppen mit den Gästen und begleite sie aktiv. Den fertigen Trainingsplan erhalten sie anschließend digital über eine App auf ihr Smartphone. So können sie ihr Programm nach dem Aufenthalt selbstständig fortführen – und ich kann sie bei Bedarf weiter online coachen und anpassen. So wird aus einem Wellnessaufenthalt ein nachhaltiges Gesundheitskonzept: aktive Erholung, messbare Fortschritte und Motivation, auch im Alltag dranzubleiben.

Philipp Zimmer bietet in seinem Studio Lion in Baden-Baden Personal Training an. Bevor er in die Sportbranche wechselte, war er 10 Jahre bei einem Hersteller von Büroeinrichtungen tätig. Dort war Ergonomie ein großes Thema. Als Personal Trainer kann er heute Menschen aktiv zu mehr Gesundheit und Wohlbefinden verhelfen. Mit seinem Konzept eines ganzheitlichen betrieblichen Gesundheitsmanagements betreut Zimmer auch Firmen, etwa in Sachen Einrichtung, Ergonomie am Arbeitsplatz sowie Sport und Bewegung. www.philippzimmer.com






