Sven Huckenbeck hat über 20 Jahre Erfahrung in der internationalen 4- und 5-Sterne-Hotellerie. Als Spa Direktor in Häusern wie dem Grand Hotel Heiligendamm oder dem Wald- und Schlosshotel Friedrichsruhe konnte der Diplom-Sportwissenschaftler und erfahrene Therapeut profundes Wissen in Bereichen wie Performance-Optimierung, Workflow, Administration oder Qualitäts- und Teammanagement sammeln. Heute berät mit seinem Unternehmen Huckenbeck Holistic Health Hotels und Einzelpersonen in Sachen Unternehmensstrategie und Gesundheitsbildung. Sein Kernthema ist die Salutogenese.
 

Herr Huckenbeck, Sie haben sich vor Kurzem mit Huckenbeck Holistic Health selbstständig gemacht. Wer sind Ihre Kunden und was bieten Sie ihnen?
Nach über 20 Jahren Führungserfahrung weiß ich, wie entscheidend ein unverwechselbares Konzept für den Erfolg ist. Ich arbeite vor allem mit Häusern, die Wert auf Individualität legen – häufig privat geführte Hotels, in denen Gastfreundschaft noch persönlich gelebt wird. Gemeinsam entwickeln wir Wellness- und Gesundheitsangebote, die nicht nur zur Infrastruktur und Lage passen, sondern vor allem die Persönlichkeit und Philosophie des Hauses widerspiegeln. Mein Ziel ist es, die Einzigartigkeit jedes Hotels so herauszuarbeiten, dass Gäste diese spüren, wiederkommen und zu Botschaftern des Hauses werden. Dabei geht es nicht nur um Konzepte auf dem Papier, sondern um erlebte Qualität – vom ersten Kontakt bis zur Abreise. Ein besonderer Schwerpunkt liegt auf den Mitarbeitenden: Sie sind der Schlüssel zu diesem Gasterlebnis. Deshalb achte ich darauf, dass Konzepte nicht nur wirtschaftlich tragfähig, sondern auch für das Team realistisch umsetzbar und motivierend sind. Außerdem biete ich auch einige Retreat-Formate zu wichtigen Themen wie Regeneration oder mentale und emotionale Balance, kombinierte Körper- und Mentalcoachings, Persönlichkeitsentwicklung mit Hilfe von Schauspieltechniken und Körperarbeit an

Welche Rolle spielt dabei Ihr Herzensthema Salutogenese?
Salutogenese bedeutet für mich, den Blick weg von Krankheit und Symptombekämpfung hin zur aktiven Förderung von Gesundheit zu lenken. In der Wellness-Hotellerie ist das eine enorme Chance: Wir können Menschen nicht nur helfen sich zu erholen, sondern ihnen Inspirationen für mehr Lebensfreude, Energie und Selbstfürsorge mitgeben. Das Besondere: Dafür braucht es nicht zwingend Hightech oder medizinische Betreuung, sondern vor allem erlebnisorientierte Angebote, die leicht verständlich und umsetzbar sind. Wenn Gäste spüren, wie gut ihnen etwas tut, wird daraus schnell ein Teil ihres Alltags.

Salutogenese: Ganzheitliche Gesundheitsprogramme für die Wellness-Hotellerie (Illustration: shuterstock/shutterstock_d3verro)

Auf welchen Säulen baut nachhaltige Salutogenese auf?
Es gibt kein Schema F – jedes Haus hat seine eigene DNA. Manche Hotels setzen den Fokus auf Bewegung, andere auf Schlafqualität, Achtsamkeit oder gesunde Ernährung. Wichtig ist, dass die Themen authentisch und kompetent umgesetzt werden. Entscheidend ist, dass Gäste nicht nur informiert, sondern wirklich berührt werden. Wenn eine Erfahrung im Hotel den Wunsch nach Veränderung auslöst, entsteht ein bleibender Wert – für den Gast und für das Haus. Deshalb biete ich gemeinsam mit Partnern auch praxisnahe Schulungsprogramme an, die wissenschaftlich fundiert sind und direkt im Hotelalltag wirken.

„Gäste müssen schon vor der Buchung begleitet werden. Das ist eine Herausforderung, aber es lohnt sich.“

Viele Wellnesshotels haben bestens ausgestattete Spas, eine gute Küche und ein Sportangebot für jeden Geschmack. Genügt das nicht?
Das ist alles „nice to have“ – aber oft fehlt die Verbindung zwischen den einzelnen Bereichen. Küche, Spa und Aktivprogramm sollten wie Zahnräder ineinandergreifen, um ein stimmiges Gesamterlebnis zu schaffen. Werden Angebote nicht abgestimmt, kann es passieren, dass Gäste vormittags ein anstrengendes Sportprogramm absolvieren und abends ein schweres Menü genießen – das ist weder erholsam noch fördert es das Wohlbefinden. Hier setze ich an und verbinde die Stärken des Hauses zu einem schlüssigen, erlebbaren Konzept.

Wie sollte Ihrer Meinung nach ein ebenso wirtschaftliches wie zukunftsfähiges Gesundheitskonzept eines Hotels aussehen?
Es muss vor allem einen Sinn ergeben – für den Gast, das Team und den Betrieb. Und dann straff und kompetent umgesetzt werden. Gäste müssen schon vor der Buchung abgeholt und begleitet werden. Das ist eine Herausforderung, aber es lohnt sich. Wer es schafft, aus Übernachtungen erlebnisreiche Aufenthalte mit Zusatznutzen zu machen, steigert nicht nur den Spa-Umsatz, sondern auch Auslastung und Durchschnittsrate. Gleichzeitig sorgt ein klarer Fokus für motivierte Mitarbeiter und eine langfristige Bindung ans Haus.

Im Interview Sven Huckenbeck, Huckenbeck Holistic Health

Braucht es dafür den Rundumschlag oder genügen auch kleinere Anpassungen, um das bestehende Angebot zu optimieren?
Nicht jedes Haus muss alles neu erfinden. Aber es braucht echtes Commitment und die klare Entscheidung, Gesundheit und Wohlbefinden als tragende Säule zu etablieren. Manchmal genügt es, einzelne Stellschrauben zu drehen – solange dies strategisch geplant und konsequent umgesetzt wird.

Welche Bedeutung haben Wellnesshotels bei Aufklärung und Coaching der Gäste in Sachen ganzheitliche Gesundheit?
Ich sehe Wellnesshotels als wichtige Bildungseinrichtungen für Gesundheit – ohne dass es sich belehrend anfühlt. Wir können komplexe Themen leicht verständlich und erlebbar machen. Gäste nehmen so Impulse mit, die ihr Leben bereichern – und verbinden dieses positive Erlebnis dauerhaft mit dem Hotel.

Sind dafür Schulungen des Personals nötig?
Unbedingt! Der Erfolg steht und fällt mit den Menschen, die das Konzept tragen. Vom Empfang über das Housekeeping bis zur Küche sollte jeder wissen, wofür das Haus steht und wie er selbst dazu beitragen kann. Es sind oft die kleinen Gesten – ein gezielter Menüvorschlag, ein liebevoller Turndown-Service oder ein achtsames Gespräch – die Gäste berühren und den Unterschied machen.

„Die individuelle Zeit mit dem Gast ist der wichtigste Moment, um Geborgenheit und Vertrauen zu vermitteln.“
 

Müssen auch die klassischen Wellness-Angebote neu gedacht werden?
Klassische Behandlungen wie Massagen bleiben wichtig – sie sind oft der erste Berührungspunkt. Aber sie sollten individuell gestaltet und nicht nach Schema F durchgeführt werden. Gäste möchten spüren, dass sie als Person wahrgenommen werden. Angebote ohne echten Erlebniswert oder emotionale Wirkung gehören dagegen nicht in ein Spa, das sich als Ort der Transformation versteht.

Wie passt der neue Super-Trend Longevity in diesen Kontext?
Er ist mehr als nur ein Buzzword. Es geht nicht darum, einfach älter zu werden, sondern die gewonnenen Jahre gesund und erfüllt zu leben. Hotels können hier eine wichtige Rolle spielen, indem sie Gästen Wege zeigen, wie sie Körper, Geist und Emotionen nachhaltig stärken – und das auf eine Weise, die Freude macht.

Welchen Nutzen hat ein Hotel von einem ganzheitlichen Gesundheitskonzept?
Ein durchdachtes Konzept steigert die Zufriedenheit der Gäste, die Wiederkehrrate und die Auslastung – und es schafft Identifikation bei den Mitarbeitern. Ein gesundes Unternehmen mit motiviertem Team strahlt diese Energie auf die Gäste aus. Zufriedene Mitarbeiter sind der Hauptgrund für exzellente Performance und Kundenbindung. Das Ergebnis: eine starke Position im Markt und ein langfristiger wirtschaftlicher Erfolg.