Hans-Peter Veit kann auf über 25 Jahre Spa-Erfahrung zurückblicken. Der “Spa Manager des Jahres 2013” war bereits in so renommierten Häusern wie  Brenners Park-Hotel in Baden-Baden, dem Victoria-Jungfrau Grand Hotel Interlaken und dem Grand Resort Bad Ragaz tätig. Er ist außerdem Jury-Mitglied der SPA Star Awards. Mit SPA direkt sprach Hans-Peter Veit über Bildungsmöglichkeiten in der Wellness-Branche.

Herr Veit, Sie sind einer der renommiertesten Spa- und Wellness-Experten Europas. Welche Rolle hat in Ihrer internationalen Laufbahn das Thema Aus- und Weiterbildung gespielt?
Eine riesige. Ich habe immer versucht, mich weiterzuentwickeln – nicht nur fachlich, sondern auch menschlich. Weiterbildung war für mich nie nur Pflichtprogramm, sondern ein Ausdruck von Neugier und Demut. In einer Branche, in der wir ständig mit Menschen zu tun haben, ist es doch logisch, dass man sich auch selbst immer wieder hinterfragt und neu ausrichtet. Das geht nur, wenn man offen bleibt – für Neues, für andere Perspektiven und manchmal auch für Kritik.

Welche Einstellung hat Sie darüber hinaus so weit gebracht?
Ich glaube fest an das Gute im Menschen – das war immer meine Triebfeder. Ich liebe es, mit Menschen zu arbeiten, ihre Geschichten zu hören, sie zum Strahlen zu bringen. Und ja, ich glaube auch an die junge Generation. Sie ist nicht faul, sie tickt nur anders. Sie will arbeiten – aber nicht um jeden Preis. Und vielleicht hat meine Generation da manchmal zu viel verlangt, zu wenig zugehört und selbst zu viele Chancen vergeben.

Was war die härteste Lektion, die Sie auf Ihrem Weg lernen mussten? Und was die wichtigste?
Die härteste: Man kann niemanden führen, wenn man sich selbst nicht gut kennt. Und: Manchmal reicht Fachwissen nicht – man muss auch Haltung haben. Die wichtigste Lektion war für mich: Die Freude am Dienen ist ein Geschenk. Man kann sie nicht erlernen – man bringt sie mit. Aber man kann sie verlieren. Durch schlechte Führung, durch fehlende Wertschätzung, durch Systeme, die Menschen klein machen. Und genau das dürfen wir nicht zulassen. Gerade in unserem so emotionalen Spa-Business ist es entscheidend, den ganzen Menschen zu sehen – nicht nur die Arbeitskraft, nicht nur den Lebenslauf, sondern auch die Sorgen, Hoffnungen, Träume und Grenzen. Wer führen will, muss fühlen können. Nur so entsteht Vertrauen – und damit auch echte Loyalität.

Wie wichtig ist der Faktor „learning by doing“ im Verhältnis zur Theorie?
Enorm wichtig! Theorie ist wie ein Spa-Menü: Schön zu lesen, aber erst wenn man ein Treatment macht, weiß man, wie es sich anfühlt. Wer nie eine wütende Day-Spa-Gästin beruhigt hat oder einen Kollegen in der Umkleide weinend aufgefangen hat, kann nicht wirklich verstehen, was „Spa“ bedeutet. Wir arbeiten mit Menschen – da zählt Erfahrung mehr als jede PowerPoint-Folie.

Wie gut ist das aktuelle Angebot an Aus- und Weiterbildungen im deutschsprachigen Raum?
Es wird besser. Aber es gibt noch zu viel Schema F. Die besten Programme kombinieren Praxisnähe, Persönlichkeitstraining und Leadership. Was uns oft fehlt, ist echte Menschlichkeit in der Lehre. Statt nur über Abläufe zu sprechen, sollten wir über Haltung, Fehlerkultur und Inspiration reden. Und man muss vom Fach sein, wenn man sich weiterbildet, – aus einem Gärtner oder einer Apothekerin wird auch mit der besten Ausbildung kein guter Spa Manager.

Wo besteht noch Verbesserungsbedarf?
In der Führungsausbildung – ganz klar. Viele Talente verlassen unsere Branche nicht, weil sie den Job nicht mögen, sondern weil sie sich nicht gesehen fühlen. Wir brauchen Führungskräfte, die zuhören können. Die inspirieren statt kontrollieren. Und die nicht denken, Dienstleistung sei Dienst nach Vorschrift.

Ermutigen Sie Ihre Mitarbeitenden zur Weiterbildung?
Absolut. Ich versuche, nicht nur Chef zu sein, sondern auch Wegbegleiter. Ich frage: Wo willst du hin? Was brauchst du von mir? Weiterbildung ist nicht immer ein teures Seminar – manchmal ist es ein ehrliches Gespräch nach Feierabend oder das Vertrauen, eine neue Aufgabe übernehmen zu dürfen. Ich glaube an Menschen. Punkt.

Woher kommen Ihrer Erfahrung nach die am besten ausgebildeten Spa-Fachkräfte?
Ich will niemanden hervorheben – aber ich sehe in Deutschland viele tolle Talente. Was ihnen manchmal fehlt, ist nicht das Können, sondern das Selbstvertrauen. Und das bekommen sie nur, wenn man sie ernst nimmt. Wenn man sie mitreden lässt, sie lobt, aber auch ehrlich begleitet. Ausbildung beginnt im Betrieb mit tollen Mentoren – nicht im Skript.

Gibt es international bemerkenswerte Fakten zur Weiterbildung im Wellness-Bereich?
Es gibt viele gute Beispiele – aber für mich ist der spannendste Trend: Überall, wo Menschen mit Leidenschaft arbeiten dürfen, entsteht Qualität. Egal ob in New York, Rio oder Rosenheim. Entscheidend ist nicht das Land, sondern die Kultur, die in einem Haus gelebt wird. Und da haben wir in Deutschland viele Leuchttürme – aber auch viele Dienstpläne, die noch Licht vertragen könnten.

Was sollte man mitbringen, um Karriere im Spa-Bereich zu machen?
Herz. Humor. Und ein echtes Interesse an Menschen. Wer nur Cremes aufträgt, hat den Beruf nicht verstanden. Wer zuhören kann, empathisch ist und auch bei Gegenwind aufrecht bleibt, der hat Zukunft. Und ganz ehrlich: Wenn man nach einem langen Tag einen glücklichen Gast gehen sieht, ist das die schönste Bestätigung unserer Arbeit.

(Illustrationen: shutterstock_The Studio)

Wie wichtig sind Zertifikate – und woran erkennen Sie den richtigen Bewerber?
Zertifikate sind gut für den ersten Eindruck. Aber entscheidend ist, was jemand ausstrahlt, wie jemand spricht, wie dieser Mitarbeiter seine Arbeit zelebriert, und wie jemand mit seinen Kollegen umgeht. Ich erkenne den „richtigen“ Bewerber oft in der Kaffeepause. Wenn jemand fragt, ob er helfen kann oder wie’s dem Team geht – dann weiß ich: Hier ist jemand, der’s ernst meint.

Ihr Rat an junge Kolleginnen und Kollegen?
Bleibt neugierig. Bleibt bei euch. Lasst euch nicht klein machen. Und: Sucht euch gute Chefs – solche, die euch fördern, die euch vertrauen und auch mal was zutrauen. Und wenn ihr merkt, dass euch jemand die Freude nimmt: Wechselt nicht den Beruf, sondern den Arbeitsplatz. Diese Branche braucht euch. Euren Glanz. Euer Herz.
Auch unsere Mitarbeitenden brauchen eine andere Ansprache. Emotionale Intelligenz, echtes Interesse, das Bewusstsein, dass wir mit Menschen für Menschen arbeiten – das ist die Grundlage für erfolgreiche Spa-Führung. Wer hier nur rational agiert, erreicht vielleicht die KPI, aber nie das Herz. Und genau das macht den Unterschied zwischen einem funktionierenden Spa – und einem, das Menschen berührt.
Ein Punkt liegt mir besonders am Herzen: Spa ist nicht Hotellerie. Spa ist Emotion, Tiefe, Nähe. Ein Ort, an dem sich Menschen öffnen – und dafür braucht es ein Umfeld, das sie versteht. Deshalb bin ich fest davon überzeugt: Spas müssen von Spa-Profis geführt werden – eigenständig, mit klarer Handschrift und Haltung. Ein General Manager oder ein klassischer Director of Marketing mag viel über Zahlen und Zielgruppen wissen – aber unsere Gäste sind anders. Sie suchen nicht nur Leistung, sie suchen Erlebnisse, die bleiben. Und sie spüren, ob man sie wirklich versteht.