Eigentlich bekommt jeder Mensch ein einwandfreies Gebiss quasi mit auf den Weg. Doch schon nach wenigen Jahren sieht es dann sehr unterschiedlich aus: Schlechte Pflege, unzureichende Mundhygiene, falsche Ernährung, aber auch eine genetische Veranlagung können zu Schäden führen. Woran liegt das? Verantwortlich ist ein Ursachen-Trio: die Zusammensetzung des Speichels, Ernährung und Mundflora. Die moderne, professionalisierte Zahnmedizin füllt Löcher, schließt Lücken und kann so manches Verlorene ersetzen. Aber sie kann nicht den ursprünglichen, gesunden und natürlichen Zahn wiederherstellen. Was kann jeder also selbst für die Gesunderhaltung seiner Zähne tun?

Vorsorge statt Operation

Der Weg zur effektiven Zahnpflege führt immer und ausnahmslos über die Ernährung. In diesem Bereich können – je nach Neigung und Disziplin – die Ziele weiter oder enger gesteckt werden. So sollte vor allem Zucker vermieden werden, der die Zähne angreift, weil er schädigende Bakterien ernährt. Inzwischen gibt es geeignete Ersatzstoffe, allen voran Xylitol (Birkenzucker) und Erythrit, aber auch Stevia (ein süß schmeckendes Pflanzenextrakt). Mit diesen Substanzen können die schädlichen Bakterien im Mund nichts anfangen.

Der zweite große Feind der Zähne sind Säuren. Ähnlich wie die Gingivitis (Zahnfleischentzündung) ist auch die Parodontitis – landläufig etwas unpräzise als Parodontose bezeichnet – eine Entzündung rund um den Zahn, allerdings liegt sie tiefer. Sie betrifft nicht das sichtbare Zahnfleisch, sondern den verborgenen Zahnhalteapparat. Fortschreitende Parodontitis sorgt dafür, dass Zähne locker werden, im schlimmsten Fall herausfallen. Auf dem Weg dahin bildet sich das Zahnfleisch zurück. Die operative Sanierung ist aufwendig und schmerzhaft, was die richtige Prophylaxe verhüten kann.

Etwa mit der passenden Zahnbürste. Eine hochwertige Handzahnbürste hat einen eher kurzen Kopf und weiche oder mittelharte Borsten mit abgerundeten Enden. Manche setzen auf ein planes (flaches) Borstenfeld, andere auf ein wechselhaftes Profil und unterschiedliche Borstenrichtungen. Die meisten dieser Errungenschaften sind reine Werbegags. Zu empfehlen ist immer die Zahnbürste, die zum jeweiligen Anwender passt und mit der er seine persönliche Zahnpflege gerne und gründlich bewerkstelligen wird. Richtiges Putzen ist weitaus wichtiger für den Reinigungseffekt als etwa eine Antiruschfläche am Griff oder der angeblich nachgebende Gelenkhals des Griffstücks.

Elektrische Zahnbürsten – gleich welcher Art – putzen aus prinzipiellen Gründen gründlicher als Handzahnbürsten. Insgesamt befinden sich die elektrischen Zahnbürsten heute auf einem technisch sehr hohen Niveau und sind in der Anwendung wesentlich sicherer als früher. Besonders empfehlenswert sind Schallzahnbürsten. Sie reinigen mit hoher Frequenz, aber ohne Ultraschall. Ein Gerät auf dem neuesten Stand der Technik ist „Hydrosonic Pro“ des Schweizer Herstellers Curaden. Es arbeitet mit sieben Stufen und kann mit verschiedenen Bürstenköpfen kombiniert werden. So können auch Spangen, Implantate und freiliegende Zahnhälse optimal gereinigt werden.

Schöne, weiße Zähne gelten als Schönheitsideal. Deshalb ist der kosmetische Aspekt der Zahnpflege heute ebenso wichtig wie der gesundheitliche. Doch der schöne Schein kann auch der Zahngesundheit zuwiderlaufen: Das künstliche Weiß des Hollywoodlächelns ist manchmal gar nicht echt. In Amerika vertreiben Zahnärzte spezielle Kunststoffschienen, die vor die Frontzähne „geklippt“ werden und dort den Eindruck makellos weißer Zähne vermitteln. Wird diese Blende abends abgenommen, kommt die Wahrheit zum Vorschein. Den eigenen Zähnen tut dieses Verfahren nicht gerade gut. Doch viel häufiger werden die Zähne mit Bleichungsverfahren, vor allem mit sehr aggressiven Weißmacher-Zahncremes, behandelt. Auch das kann schaden, weil es den Zahnschmelz abschleift. Wenn schon, sollte der Einsatz einer solchen Creme dem Zahnarzt überlassen werden, der solche Behandlungen relativ schonend und sehr genau ausführen kann.

Wie werden Zähne wieder hell?

Eine vermeintliche Alternative ist die Behandlung der Zähne mit UV-Licht. In Versuchen wurde gezeigt, dass sich dabei kein nennenswerter Effekt einstellt, noch dazu die Schleimhäute in der Mundhöhle sehr stark gereizt werden. In manchen Zahncremes ist ein Inhaltsstoff enthalten, der einen Weiß-Effekt auf enzymatische Weise hervorrufen soll, nämlich Glucose-Oxidase. Dieses Enzym wandelt Zucker über Wasserstoffperoxid in Sauerstoff um. Es ist beispielsweise in den Zahncremes der Serie „Be You“ enthalten, die es in sechs Geschmacksrichtungen gibt. Zu den Schönheitsidealen gehört inzwischen auch – was manchen verwundern mag – das Tragen falscher, rein modischer Zahnspangen („Fake Braces“). Diese Attrappen werden aus Draht mit kleinen Schmucksteinchen gebastelt. Unter Zahnärzten sind diese Drähte der reine Horror, denn sie schleifen massiv den Zahnschmelz ab und führen zu irreparablen Schäden an der Substanz. Zahnärztliche Schönheitsbehandlungen spielen in viele Bereiche der Zahnmedizin hinein – so wie die Entscheidung für Vollkeramik-Kronen, die täuschend echt aussehen. Auch die Korrektur von Fehlstellungen erfolgt nicht nur für einen besseren Zusammenbiss, sondern auch, weil es einen schöner macht. Doch das ist ganz eine Frage des Modetrends: In Japan ist es unter jungen Mädchen der jüngste Schrei, sich die Eckzähne künstlich verstärken zu lassen („tsuke-yaeba“), um dadurch kindlicher auszusehen. Aus Japan stammte auch die Mode, sich die Zähne ganz schwarz zu färben („ohaguro“). Beides mag uns seltsam erscheinen, es kann aber sehr attraktiv wirken.

Was also tun für eine gesunde Mundflora? Zum Beispiel ätherische Öle nutzen. Sie zählen zu den stärksten Waffen gegen zahnschädigende Bakterien. Dazu wirken sie natürlich und sorgen für Frische. Da die tropfenweise Dosierung sehr sparsam ist, reicht eine kleine Flasche über Monate. Auch fällt die Anschaffung preislich kaum ins Gewicht. Die ätherischen Öle wirken bakterien-, viren- und pilztötend, sie können einzeln oder gemischt verwendet werden. Bewährt hat sich folgende Methode: Auf die angefeuchtete Zahnbürste einen Tropfen ätherisches Öl geben, danach die Zahncreme daraufgeben und wie gewohnt die Zähne putzen. So wird das ätherische Öl überall im Mund verteilt und direkt an die Zahnbeläge gebracht. Nach dem Ausspülen verbleibt ein frischer, klarer Geschmack im Mund. Außerdem kann aus jedem dieser Öle eine stark wirkende Mundspülung gemacht werden, indem man einen Tropfen mit 10 ml warmem Wasser mischt.

Kauen für die Zukunft

Auch ein Kaugummi kann helfen. Zuckerfrei muss er jedoch sein. Er gehört zu den effizientesten Mitteln zur Zahnpflege, weil er den Speichelfluss anregt und die Zähne reinigt. Außerdem beschäftigt er das Muskelsystem des Kieferapparats und beugt damit Degenerationsprozessen vor. Es spielt dabei keine Rolle, welche Marke oder Geschmacksrichtung gewählt wird. Der erste Kaugummi der modernen Welt von 1848 bestand aus Fichtenharz und Bienenwachs und ging auf ein Indianerrezept zurück. Archäologische Funde belegen, dass bereits seit der Steinzeit Naturstoffe mit ähnlichen Eigenschaften gekaut wurden – insbesondere Baumharze und Teer.

Praktisch, aber mitunter etwas umständlicher, ist Zahnseide. Sie heißt immer noch so, obwohl sie schon lange aus Nylonfasern hergestellt wird. In ihrer herkömmlichen Form gleicht sie einem Flachzwirn und ist häufig gewachst, gelegentlich auch mit Ölen aromatisiert und dadurch von erfrischend, teilweise auch mit Fluorid erhältlich. Je einfacher, desto besser: Ungewachste Zahnseide hat die beste Reinigungswirkung. Es gibt sie inzwischen auch als Floss- oder Flausch-Zahnseide. Diese erscheint eher wie ein Wollfaden und putzt diejenigen Zahnzwischenräume, für die sie nicht zu dick ist, wesentlich gründlicher als die glatte Sorte.

Fluorid repariert den Schmelz

Fluor (sowie Fluoridverbindungen) finden sich schon lange in Zahncremes, Mundspülungen, Gels oder Tabletten. Fluoride härten den Zahnschmelz nicht, wie es immer wieder heißt, sondern machen ihn widerstandsfähiger gegen äußere Angriffe. Säuren schwächen den Zahnschmelz, weil sie aus ihm Calcium und Phosphat herauslösen. Die Fluoridierung wirkt diesem Prozess entgegen.

Mundwasser gehört zu den traditionsreichsten Mitteln für die Mundhygiene. Früher wurden viele Rezepturen als Apothekenprodukte vertrieben. Kein anderes Mittel erzeugt so schnell das Gefühl von Reinheit und Frische im Mund. Mundwasser oder Fertigspülungen vermitteln zwar ein angenehmes Frischegefühl, aber erzeugen auch eine trügerische Sicherheit: Viele dieser Mittel haben keinen Effekt auf den Biofilm. In den Zwischenräumen und am Zahnfleischsaum können sich noch Beläge befinden. Andererseits machen viele Mundspülungen „Tabula rasa“ mit der gesamten Mundflora, also auch mit den „guten“ Bakterien. So wirkt sich zum Beispiel Chlorhexidin ungünstig auf den Blutdruck aus. Trotzdem sind diese Mittel – mit Bedacht und Vernunft angewendet – sinnvolle Bausteine der Mundhygiene und Zahngesundheit. Dass es zwischen Zähnen und anderen Körperregionen oder Organen Wechselbeziehung gibt, ist noch nicht sehr lange bekannt. Entzündungen an den Zähnen sind schon für sich genommen eine Schmerzquelle. Sie können aber auch Beschwerden an anderer Stelle verursachen. So können Fehlstellungen im Kiefer Schmerzen auslösen, die sich durch den Körper fortpflanzen, weil sie zu Verspannungen und Fehlhaltungen führen. Daraus resultieren mitunter Nacken-, Rücken- oder Knieschmerzen. Es gibt auch eine Wechselbeziehung bei Wirbelveränderungen im Hals und Nacken. Selbst eine Migräne kann so entstehen. Eine Fehlstellung und -funktion des Kieferapparats kann bei vielen unklaren Beschwerden als mögliche Ursache in Betracht gezogen werden – aufgrund der Wechselbeziehungen mit dem Mittelohr selbst bei nachlassendem Gehör, bei Tinnitus, Kopf- und Ohrenschmerzen oder auch Schwindel.

Wenn der Schmerz vom Zahn kommt

CMD (Craniomandibuläre Dysfunktion) gilt als weit verbreitete Störung des Kausystems. Dabei passt die Zahnsituation (der Zusammenbiss) nicht zur Situation der Kiefergelenke. Oft wird dieser Unterschied kompensiert, dann treten keine oder kaum beachtete Beschwerden auf. Unter Stress kann CMD jedoch zu einer Vielzahl von Problemen führen. CMD kann sich zum Beispiel durch unklare Schmerzen und Verspannungen im Gesicht äußern, durch Schluckbeschwerden, Schmerzen oder Knacken im Ohr – besonders beim Kauen. Auch die Stimme kann sich verändern oder der Mund sich nicht mehr so weit wie bisher öffnen lassen. Nicht zuletzt gehören selbst ein Taubheitsgefühl in Armen oder Fingern oder Knieschmerzen zu Anzeichen. Ob es sich tatsächlich um CMD handelt oder nicht, kann sehr exakt festgestellt werden. Die Untersuchung tut nicht weh, braucht aber etwas Zeit, weil sie auch Fragen nach der Lebensweise oder nach Stressfaktoren einschließt. Eine Form der Behandlung kann in der Anpassung einer speziellen Schiene für die Nacht liegen, die schon bald die Beschwerden lindert. Außerdem werden Diagnose und Therapie in Zusammenarbeit mit anderen Fachleuten entwickelt – etwa mit dem Orthopäden.

Alexander Glück