Nichts, absolut nichts. Ich stehe auf dem Balkon und lausche in die Dunkelheit. Stille. Selbst für Menschen, die nicht mitten in der Großstadt wohnen, ist das ungewöhnlich. Irgendwo blinkt immer ein Licht, sind Geräusche der Zivilisation zu hören. Aber hier oben, 1500 Meter über dem Meeresspiegel auf dem Vigiljoch, gibt es keine Autos, keine Straßen. Wanderer, Tagestouristen und die meisten Hotelmitarbeiter sind mit der letzten Seilbahn runter ins Örtchen Lana gefahren.
Gerade eben hat das Vigilius Mountain Resort seinen 15. Geburtstag gefeiert. Zum Fest waren Gäste gekommen, die das Haus in- und auswendig kennen, zum siebten oder achten Mal mit ihrem Koffer in der Seilbahn nach oben geschwebt sind. Was sie hier suchen? Ruhe, frische Luft, die wohltuende Schlichtheit des Hauses, die familiäre Stimmung und – den Gedanken freien Lauf zu lassen. Einige betonen, dass sie es als besonders wohltuend empfinden, dass seit 15 Jahren tatsächlich kaum etwas verändert wurde, nicht ständig ein Einrichtungstrend den nächsten jagt – wie in so manch anderem Hotel.

Zeitlos schön

Tatsächlich stand Architekt Matteo Thun vor der Herausforderung, dass er ein Haus erschaffen sollte, das auch noch in 15 Jahren als schön bezeichnet wird. Eigentümer Ulrich Ladurner aus Meran wollte die Natürlichkeit der Landschaft, das Besondere dieses Platzes darin wiederfinden. Dass Ladurner einen eigenen Kopf hatte, bekamen die ortsansässigen Handwerker gleich zu Beginn zu spüren. Nicht nur, dass er das Haus, das hier oben bereits stand, nicht wie üblich einfach erweiterte. Er holte sich auch noch einen Architekten aus dem fernen Mailand. Ulrich Ladurner: „Ich wollte kein altes Haus, also eine Schachtel, noch weiter verschachteln.“
Stattdessen sollte es hell sein, freundlich, Wärme und Geborgenheit ausstrahlen. Mit Matteo Thun war Ladurner sofort auf einer Wellenlänge, auch mit der Idee, möglichst wenig in die Natur einzugreifen.

Erneuerbare Ressourcen

Mehrfach wurde das Vigilius von EarthCheck, einem weltweit führenden globalen Umweltmanagement, Benchmarking- und Zertifizierungsprogramm für die Bewertung von nachhaltigem Tourismus, ausgezeichnet. Gebaut wurde das Hotel von Anfang an konsequent als Niedrigenergiehaus. Es besteht zur Gänze aus erneuerbaren Ressourcen. Unbehandeltes Lärchenholz, Glas, Stein und Lehm dominieren das Erscheinungsbild. Für die Wärme wird Biomasse verwendet, die dafür benötigten Hackschnitzel kommen von den Bergbauern aus der Region; der Stein für den Fußboden aus dem nahen Pfitschtal. „Das Schönste ist, darauf barfuß zu laufen“, ermuntert Ulrich Ladurner seine Geburtstagsgäste zum Abschluss seiner Hotelführung. Doch jetzt werde erst einmal gefeiert, so der Gastgeber. Dass zu diesem Anlass statt der gelobten Stille, klingende Weingläser zu hören sind, verzeiht ihm an diesem Abend wohl jeder.

Vigilius Mountain Resort
Etwa 15 Minuten mit dem Auto von Meran bis zur Seilbahnstation Vigiljoch in Lana, Südtirol. Dort wird das Auto geparkt und dann geht es samt Gepäck auf 1500 Meter hoch. Die Fahrt mit der Seilbahn dauert sieben Minuten. Oben werden Gäste abgeholt.