Gua Sha ist der Trend der Stunde – die Massagetechnik mit Halbedelsteinen soll sogar medizinische Behandlungen ersetzen. Doch stimmt das auch?

Sie sind gefühlt überall zu sehen: diese flachen, organisch geformten Halbedelsteine aus Rosenquarz, Jade & Co. Selbst Stars wie Miranda Kerr oder Gwyneth Paltrow posten in den sozialen Medien Bilder von sich, auf denen sie mit diesen Stein über ihre Haut streichen. Je ausgefuchster die Griffe, desto viraler die Beiträge. Da fragt man sich: Ist das esoterischer Schnickschnack? Oder ist es wirklich so effizient, wie versprochen? Keine Frage, Gua Sha ist der neue heilige Wellness-Gral. Zu massieren, zu drücken, zu streichen sowie Fältchen und bestimmte Lymphbahnen nachzuziehen, soll das Gesicht sanft entstauen, Verspannungen lösen und den ultimativen Glow herbeizaubern. Plus: Wer es regelmäßig macht, soll sogar mit einem glatten, gestrafften Antlitz belohnt werden. Quasi ein Botox- und Fillerersatz ganz ohne Nadeln – und das innerhalb weniger Wochen.
Das Qi zum Fließen bringen
Auch wenn es zunächst nach einem neuen Trend klingt: Gua Sha ist in Wirklichkeit eine 2000 Jahre alte Massagetechnik, wie die medizinische Kosmetikerin und Gua-Sha-Expertin Anastasia Schlapnikow aus dem Fresh Beauty Studio in Kempten erklärt: „Gua Sha stammt aus der Traditionellen Chinesischen Medizin (TCM) und wurde ursprünglich am Körper angewendet, um das Qi – also die Lebensenergie – in Fluss zu bringen. In der modernen Gesichtspflege wird Gua Sha allerdings neu interpretiert: sanfter, ästhetischer, ganzheitlicher.“
Mit einem Gua-Sha-Massagetool kann man, abhängig von angewandter Technik und gewünschtem Ziel, verschiedene Effekte erzielen, erklärt Anastasia Schlapnikow. „Eine sanfte Lymphdrainage hilft super gegen Schwellungen und beim Ausleiten von Schadstoffen, Massagen können Konturen sichtbar definieren, Verklebungen in Faszien lösen und so das ‚innere Muskelkorsett‘ lockern.“ Toll auch zum Glätten von Fältchen oder für mehr Glow vor Events! Wichtig aus Sicht der Expertin ist allerdings auch das Achtsamkeitsritual an sich. Für Anastasia Schlapnikow ist Gua Sha nicht nur ein Werkzeug, sondern Berührung, Verbindung und Rückkehr zu sich selbst. Also eine Me-Time mit Tiefgang, die nicht nur physisch beim Entspannen der Muskeln, etwa im Kiefer, sondern auch beim Entspannen des Nervensystems helfen kann.
„Wer es nachmachen möchte, der sollte sein Gesicht immer zuerst reinigen und eine zum Hauttyp passende, gleitende Basis wie ein Gesichtsöl oder Serum auf das Gesicht geben“, so die Kosmetikerin. Ihr Spezial-Tipp: „Am besten auch nach der Massage mit dem Gua Sha das Gesicht noch einmal reinigen, vor allem bei Unreinheiten.” Und die Griffe? „Da gibt es unzählige, aber die Basis kann jeder ganz einfach lernen.“
Damit ein dauerhafter Effekt sichtbar wird, kommt es vor allem auf Regelmäßigkeit an: „Gua Sha ist kein One-Hit-Wonder, es ist ein Ritual. Nach etwa vier Wochen werden erste Effekte sichtbar.“ Falten wegbügeln könne man damit allerdings nicht, da ist Anastasia Schlapnikow realistisch. „Doch Fältchen mildern und vorbeugen, die Gesichtszüge straffen oder Schlupflider anheben, das klappt tatsächlich.“ Ihre Empfehlung: „Man sollte den Gua Sha mindestens zwei bis dreimal pro Woche oder besser täglich anwenden. Zehn Minuten sind dabei das Ziel, um die Haut gut zu durchbluten, zu entlasten und langfristig zu stärken, dank eines gesteigerten Zellwachstums und einer erhöhten Kollagenproduktion.“ Die Vorher-Nachher-Ergebnisse zahlreicher Social-Media-Plattformen sprächen da Bände.
Ansonsten gilt: „Gua Sha kann man prinzipiell am ganzen Körper anwenden, zum Beispiel nach dem Duschen an Beinen und Bauch oder gegen Verspannungen in Nacken und Schultern.“ Einschränkungen gibt es allerdings bei komplett entzündeter Haut, Neurodermitis oder veränderten Gefäßen. „Dann sollte man vorsichtig sein, damit man die Entzündungen und Bakterien nicht noch weiter im Gesicht verteilt oder Äderchen platzen.“ Auch bei Schwangerschaft oder Erkrankungen wie Tumoren oder Leberflecken eine Anwendung bitte immer vorab mit Arzt oder Ärztin abklären!
Step by Step: die Gua-Sha-Massage für Beginner
1. In der Kuhle des Schlüsselbeins sanft mit den Fingerspitzen dreimal pumpen oder mit dem Gua Sha leicht massieren, um den Lymphfluss anzuregen.
2. Anschließend die Gua-Sha-Massage am Hals starten und von der Kuhle aus sanft am seitlichen Strang nach oben bis hinter das Ohr streichen. Das öffnet die dort verlaufenden Lymphbahnen.
3. Dann von der Mitte des Kinns sanft nach außen zum Ohr hin ausstreichen. Alle Streichungen etwa fünf- bis zehnmal wiederholen.

4. Fahren Sie dann mit Ihrer Massage in eben diesem Schema fort, indem Sie anschließend von der Gesichtsmitte nach außen streichen. An der Stirn kann man sowohl nach oben massieren, als auch an einzelnen Fältchen horizontal entlangfahren.
5. Zuletzt sollte man die Lymphflüssigkeit noch weiter nach unten zum Lymphknoten streichen. Dafür mit dem Stein von oben über die Schläfen bis zum Schlüsselbein fahren. Hier reichen drei Wiederholungen.
Balance für Haut und Seele

Morphoderm Der Edelstahl-Gua-Sha verbindet Design mit Hygiene – für einen strahlenden Teint, straffere Konturen und Entspannung. Wenige Minuten täglicher Massage sollen feine Linien reduzieren, die Durchblutung fördern und eine frische Ausstrahlung schenken. 49,90 €. www.morphoderm.com

Payot Unausgeglichene Haut soll mit Neo-Serum Rejuvenating Concentrate in Balance kommen und wiederbelebt werden. Besonders intensiv wirkt der enthaltene Gingko-Extrakt in Verbindung mit einer Gua-Sha-Massage. Serum 30 ml, 95 €, Rosenquarz-Gua Sha 31 €. www.payot.com

Team Dr Joseph Fließende Streichungen mit dem traditionellen chinesischen Gua Sha aus natürlichem Obsidian fördern die Durchblutung der Hautoberfläche, wirken straffend und modellierend. 24,90 € www.teamdrjoseph.com
Kurz nachgefragt bei Ma Ruey Lan Melody

Ma Ruey Lan Melody gehört zum Spa-Team des Hotel Therme Meran. In dem 4-Sterne-Haus in Südtirol ist sie die Expertin für Treatments mit Gua Sha-Steinen. www.hoteltermemerano.it
Wie lange bieten Sie im Spa des Hotel Therme Meran schon Gua-Sha-Treatments an?
Seit 2017, mit der Eröffnung unseres Sky Spa.
Wie kam es dazu?
Unser Ziel war es, eine exklusive Anwendung in unser Angebot aufzunehmen. Also habe ich als spezialisierte Therapeutin die Elements Massage kreiert. Auch bei der beliebten Tuina Massage wird Gua Sha verwendet.
Setzen Sie den Stein sowohl im Gesicht als auch am Körper ein?
Ja. Für den Körper wird Gua Sha wie erwähnt bei der Elements Massage und Tuina Massage verwendet, für das Gesicht bei der Gesichtsanwendung „Pro Lifting mit Gua Sha“.
Und bei welchen Anwendungen erzielen Sie die besten Ergebnisse?
Alle Anwendungen erzielen beste Ereignisse, sei es im Gesicht, Stichwort Lifting Effekt, oder am Körper. Dort werden vor allem Muskelverspannungen verringert und die Blutzirkulation wird aktiviert.
Ist die Behandlung mit dem Gua Sha eher eine effektive Anti-Aging-Behandlung oder kann der Stein auch in eine klassische Wohlfühlbehandlung integriert werden?
Wenn man den Energielinien der Meridiane folgt, ist es eine wohltuende, entspannende Massage.
Wie ist das Feedback der Gäste zu diesen Behandlungen?
Sehr gut, da man sofort eine Wirkung sieht. Die Haut ist praller und straffer, das Gewebe gut durchblutet. Bei schmerzenden Stellen ist die Verspannung schnell gelöst.
Bieten Sie auch Kurse an oder kann man den Gua Sha bei Ihnen kaufen?
Nein, kaufen kann man ihn bei uns nicht. Wir bieten aber immer wieder interne Kurse für Mitarbeitende an. Ich bin für diese Anwendung spezialisiert und habe früher auf der ganzen Welt unterrichtet.
Für welches Material entscheide ich mich?
Die meisten Gua Shas sind Halbedelsteine. Für welchen Sie sich entschieden, hängt von der gewünschten Wirkung ab.

Jade
Eigenschaften: Kühlend, hart, langlebig.
Farbe: Meist grünlich (hellgrün bis dunkelgrün).
Symbolik: Wird in der TCM mit Reinigung,
Ausgleich und Harmonie assoziiert.
Rosenquarz
Eigenschaften: Sanfter als Jade,
angenehme Gleitfähigkeit.
Farbe: Rosa bis pink.
Symbolik: Steht für Selbstliebe,
Heilung und Herzenergie.
Bian-Stein (Traditionell)
Eigenschaften: enthält viele Mineralien,
leicht raue Oberfläche.
Farbe: Dunkelgrau bis schwarz.
Besonderheit: Wird manchmal leicht erwärmt und soll therapeutische Effekte verstärken.
Amethyst
Eigenschaften: Glatt, fest, leicht kühlend.
Farbe: Violett bis lavendelfarben.
Symbolik: Wird mit Stressabbau und
spiritueller Klarheit verbunden.
Obsidian (Schwarzes Vulkanglas)
Eigenschaften: Sehr glatt, dunkel, stark.
Farbe: Schwarz.
Symbolik: Wird mit Schutz und Erdung assoziiert.
Edelstahl
Eigenschaften: Besonders hygienisch,
leicht zu reinigen, sehr robust.
Vorteile: Eignet sich gut für professionelle Anwendungen oder Menschen mit empfindlicher Haut.
Form Follows Function
Während Roller schnell Schwellungen reduzieren, fördern Steine die Durchblutung und unterstützen die Lymphdrainage. Außerdem lösen sie Muskelverspannungen und straffen die Haut

Aufmacherbild: iStock/heckmannoleg
Ausführliche Hautpflege-Tipps und weitere Beauty-Themen stellen wir Ihnen in der aktuellen Ausgabe SPA inside vor.