Gloria Maria Reich ist nicht nur als „Beauty-Juristin“ aus den Sozialen Medien bekannt, sondern auch als Dozentin und Speakerin auf bedeutenden Events und Tagungen unterwegs. Der Autorin und ehemaligen Rechtsanwältin gelingt es, zentrale Rechtsthemen aus dem Kosmetik- und Wellnessbereich spannend und praxisnah zu vermitteln. Für SPA-direkt-Leser erörtert sie hier einige der wichtigsten Themen aus ihrem neuen Buch „Waxing Wimpern Widerruf“ exklusiv vor dem Verkaufsstart.

Autorin und Juristin Gloria Maria Reich

-Beitrag von Gloria Maria Reich-


Die Wellness- und Spa-Hotellerie boomt – Gäste erwarten längst nicht mehr nur ein komfortables Zimmer und gehobene Gastronomie, sondern ganzheitliche Erlebnisse aus Gesundheit, Schönheit und Erholung. Hotels investieren daher verstärkt in Spa-Bereiche, Beauty-Anwendungen, Fitnessprogramme und Retreats. Doch je vielfältiger die Angebote, desto komplexer werden die rechtlichen Fragestellungen. Dieser Beitrag beleuchtet drei zentrale Risikofelder: Scheinselbstständigkeit von Spa-Mitarbeitern, die rechtliche Zulässigkeit von Gesundheits- und Heilversprechen sowie den Umgang mit Social Media und Influencern.

Scheinselbstständigkeit im Spa-Bereich: Freie Mitarbeiter oder doch Angestellte?
Viele Hotels greifen im Spa-Bereich auf externe Fachkräfte zurück – Masseure, Yogalehrerinnen, Kosmetiker oder Ernährungsberater. Das hat Vorteile: Flexibilität, keine dauerhafte Lohnkostenbelastung und die Möglichkeit, kurzfristig ein breites Angebot abzudecken. Allerdings birgt diese Praxis erhebliche Risiken. Nicht jeder „freie Mitarbeiter“ ist rechtlich auch selbstständig. Scheinselbstständigkeit liegt vor, wenn eine Person formal als Selbstständiger tätig, tatsächlich aber wie ein Arbeitnehmer in die Hotelorganisation eingebunden ist. Maßgeblich sind nicht die Bezeichnungen im Vertrag, sondern die gelebte Praxis. Kriterien sind insbesondere:

  • Weisungsgebundenheit (Arbeitszeit, Ort, Ablauf der Tätigkeit),
  • Eingliederung in die betriebliche Organisation (z. B. feste Einsatzpläne, Nutzung von Hotelgeräten),
  • fehlendes eigenes unternehmerisches Risiko,
  • keine freie Preisgestaltung.

Stellt sich heraus, dass eine „freie“ Kraft in Wahrheit Arbeitnehmer ist, drohen gravierende Konsequenzen:

  • Nachzahlung von Sozialversicherungsbeiträgen für mehrere Jahre rückwirkend,
  • Bußgelder und ggf. strafrechtliche Ermittlungen,
  • arbeitsrechtliche Ansprüche wie Kündigungsschutz oder Urlaubsansprüche.

Hoteliers sollten daher sorgfältig prüfen, wie sie externe Kräfte einsetzen. Empfehlenswert sind:

  • Prüfung durch Statusfeststellungsverfahren bei der Deutschen Rentenversicherung,
  • klare vertragliche Abgrenzung: freie Preisgestaltung, eigene Haftung, Möglichkeit, auch für andere Auftraggeber tätig zu sein,
  • tatsächliche Umsetzung: keine festen Dienstpläne, keine vollständige Eingliederung in das Hotelteam.

Diese kurze Checkliste ermöglicht eine erste, gute Basis, um eine Festanstellung von einer Honorartätigkeit abzugrenzen. Meine Empfehlung: spezialisierte Anwaltskanzleien mit den Honorarverträgen beauftragen!

Gesundheits- und Heilversprechen: Zwischen Werbung und Irreführung
Der Wellnessgast erwartet Erholung – viele Hotels werben aber auch mit gesundheitlichen Effekten: „Detox-Programm“, „Stressabbau durch Klangschalen“, „Linderung bei Rückenproblemen“ oder „Stärkung des Immunsystems“. Hier ist Vorsicht geboten. Irreführende Angaben können sowohl von Mitbewerbern, aber auch von Verbraucherschützern und anderen Organisationen abgemahnt werden. Die Werbung mit gesundheitsbezogenen Aussagen unterliegt strengen Regeln. Maßgeblich sind insbesondere:

  • Gesetz gegen den unlauteren Wettbewerb (UWG): Verbot irreführender Werbung,
  • Heilmittelwerbegesetz (HWG): Verbot bestimmter gesundheits- und heilbezogener Aussagen, insbesondere wenn sie wissenschaftlich nicht gesichert sind.

Grundsatz: Heilversprechen sind ausschließlich approbierten Heilberufen (z. B. Ärzten und/oder Heilpraktikerin) vorbehalten. Hotels dürfen daher nicht suggerieren, ihre Angebote könnten Krankheiten heilen oder gezielt medizinische Beschwerden lindern – es sei denn, die Angebote werden durch Ärzte und/oder Heilpraktiker bei Ihnen im Hause durchgeführt, überwacht und begleitet.

Zulässige und unzulässige Aussagen in der Werbung:

  • Zulässig: „Unterstützt das allgemeine Wohlbefinden“, „wirkt entspannend“, „trägt zur Erholung bei“.
  • Unzulässig: „Heilt Schlafstörungen“, „wirkt gegen Depressionen“, „stärkt das Immunsystem nachweislich“.

Verstöße können zu Abmahnungen durch Wettbewerbsverbände oder Konkurrenten führen – verbunden mit Unterlassungserklärungen, Vertragsstrafen und erheblichen Kosten.

Mein Praxistipp: Hoteliers sollten ihre Marketingtexte regelmäßig überprüfen (Website, Flyer, Social Media) und gesundheitsbezogene Aussagen juristisch absichern lassen. Im Zweifel gilt: Lieber allgemein auf „Wohlbefinden“ und „Entspannung“ verweisen, statt konkrete Heilwirkungen zu behaupten. Und: wo „Med.“ draufsteht, muss auch „Med.“ drin sein!


Social Media, Influencer & Gäste-Rechte: Wenn die Kamera mitreist

Social Media ist aus dem Urlaubsalltag nicht mehr wegzudenken. Viele Hotels kooperieren mit Influencern, die ihren Aufenthalt filmisch dokumentieren. Doch auch hier lauern rechtliche Fallstricke. Das Recht am eigenen Bild (§ 22 KUG) schützt Gäste davor, ungefragt gefilmt oder fotografiert zu werden. Werden Gäste in Videos oder Fotos erkennbar gezeigt, ist deren ausdrückliche Einwilligung erforderlich. Auch wenn Influencer eigenständig filmen, bleibt das Hotel mitverantwortlich, wenn es diese Inhalte duldet oder teilt. Hoteliers sollten Influencer-Kooperationen vertraglich klar regeln:

  • Pflicht zur Wahrung der Persönlichkeitsrechte anderer Gäste,
  • Einhaltung von Datenschutz und Hausregeln,
  • Kennzeichnungspflicht für Werbung (#anzeige, #werbung).

Unangemeldete Drehs durch Gäste oder externe Influencer sollten untersagt werden – schon aus Gründen des Hausrechts und zur Vermeidung von Abmahnungen. Auch Ihre Mitarbeitenden haben ein Recht darauf, ungestört ihrer Arbeit nachgehen und nicht „heimlich“ gefilmt zu werden. Binden Sie Ihre Mitarbeitenden bei Social Media Kooperationen daher vorab mit ein und lassen Sie sich die Veröffentlichung des Materials schriftlich vorab genehmigen.


Fazit: Rechtssicherheit als Wettbewerbsvorteil
Die Wellness- und Spa-Hotellerie lebt von Innovation, Kreativität und emotionalem Marketing. Doch ohne rechtliche Klarheit kann genau das zum Risiko werden. Ob Scheinselbstständigkeit, Heilversprechen oder Influencer-Marketing – Hoteliers sollten die Rechtslage stets im Blick behalten und ihre Verträge, Werbeaussagen und Social-Media-Aktivitäten regelmäßig prüfen lassen.

Ein klarer rechtlicher Rahmen ist nicht nur Schutz vor Abmahnungen, Beitragsnachzahlungen oder Bußgeldern – er vermittelt auch Professionalität gegenüber Gästen, Mitarbeitenden und Partnern. Rechtssicherheit ist damit nicht lästige Pflicht, sondern ein echter Wettbewerbsvorteil.


Buchtipp

In ihrem neuen Buch „Waxing Wimpern Widerruf“ erklärt Gloria Maria Reich, was die Hotellerie- und Wellnessbranche wissen muss, um nicht abgemahnt zu werden. Es erscheint am 15. Oktober.


Aufmacherbild: shutterstock/PeopleImages