Julia Koschitz hat in fast 70 Kino- und Fernsehproduktionen mitgewirkt. Sie beherrscht dramatische Rollen, wie die der Stella Petersen in „Schweigeminute“ oder Marie in „Balanceakt“, ebenso wie das komödiantische Fach in „Wie gut ist deine Beziehung?“, hier an der Seite von Friedrich Mücke. Gerade ist die Wahlmünchnerin in der Sky Original Mystery-Serie „Souls“ zu sehen.

Wie kamen Sie auf die Idee Schauspielerin zu werden. Gab es auch andere Ideen?
Dafür, dass ich mir lange nicht sicher war mit der Schauspielerei, hatte ich erstaunlich wenige Alternativen. Ich wollte unbedingt etwas finden, das mich begeistert, nachhaltig und in dem ich vielleicht ganz gut sein könnte, habe mich aber immer eher hinter, als auf der Bühne gesehen. Am Anfang war Bühnenbild noch eine Option, aber auch das schien meilenweit entfernt. Im Endeffekt hab ich gegen meine Selbstzweifel Schauspiel studiert und dann angefangen am Theater zu spielen. Nach und nach stellte sich das Gefühl ein, dass ich das Richtige für mich gefunden hatte.

Hatten Sie ein Vorbild?
Nein, nicht wirklich. Vorbilder waren Menschen, die einen Beruf gefunden hatten, der sie erfüllt. Ein unendliches Privileg, aber ich dachte, zumindest sollte ich mich auf die Suche danach begeben. Denn zugeflogen ist es mir tatsächlich nicht.

Sie sind sehr wandelbar. Haben Sie dennoch Lieblingscharaktere?
Es ist immer die Abwechslung, die mich reizt und die Möglichkeit, etwas ganz Neues auszuprobieren, selbst wenn das vielleicht in die Hose geht. Widersprüchlich soll die Figur sein, die ich spiele, und nicht so leicht zu entschlüsseln, sonst wird mir schnell langweilig. In Allie, meiner Figur in „Souls“, habe ich mich sofort verliebt, weil sie spröde, kompromisslos und impulsiv und gleichzeitig sehr verletzbar ist. Das Radikale der Figur war eine krasse Energie. Weit weg von dem, wie wir mit unseren gesellschaftlichen Zwängen agieren.

In „Souls“, der neuen Sky Original Mystery-Serie, spielt das Spirituelle, das Mystische eine große Rolle. Glauben Sie privat an Vorahnungen, übersinnliche Dinge?
Es hat mich immer schon fasziniert, dass wir nur einen Bruchteil unseres Hirnes gebrauchen. Wozu wären wir in der Lage, wenn wir alle Kapazitäten ausnutzen würden? So ungefähr stehe ich zu übersinnlichen Dingen. Es gibt unendlich viel, das möglich sein kann, zu dem wir aber keinen Zugang haben. Deswegen ist es nicht unbedingt mystisch oder spirituell. Ich kann, oder sagen wir, ich will an nichts glauben, was ich nicht weiß, halte es deshalb aber nicht für unmöglich und finde es spannend, zumindest als Denkübung, Übersinnliches zur Disposition zu stellen.

Wie bereiten Sie sich auf neue Rollen wie beispielsweise auf „Souls“ vor?
Das Drehbuch ist unsere Referenz, also sauge ich jede Information daraus, die ich finden kann. Im Fall von „Souls“ war das ein Fest, weil die Bücher so dicht geschrieben und gut waren – ein perfekter Kompass für uns Schauspieler. Sowohl die Geschichte, als auch jeder Charakter ist so komplex und reich gestaltet, dass man dem als Schauspielerin bzw. Schauspieler einfach nur folgen musste. Und dann waren da zwei Regisseure, die mit uns im Vorfeld geprobt haben, die uns mit ihren Ideen gefüttert und inspiriert haben, die sehr klare Vorstellungen hatten und uns trotzdem den Freiraum gelassen haben, unsere Figuren mit unseren Ideen zu gestalten. Für mich eine perfekte und wirklich beglückende Zusammenarbeit.

Sie sind in Brüssel geboren, in Frankfurt aufgewachsen, haben in Wien Ihre Ausbildung gemacht und leben heute in München – hatten diese Städte alle Einfluss auf Sie?
Brüssel hat sich kulinarisch in mir verankert – da denke ich an Moules Frites, an Pralinen und gigantische Supermärkte und an Französisch, das ich so gern mehr sprechen würde. Frankfurt war die Stadt, in die ich nie wieder zurückkehren wollte, wobei ich ihr unrecht tue. Wien ist meine Wahlheimat, ich liebe diese schöne Stadt, das Lebensgefühl dort, den Humor, den Wein. Und in München fühle ich mich zuhause wegen meiner wunderbaren Freunde.

Corona hat bei vielen Menschen Veränderungen ausgelöst: Neue Hobbies, einen bewussteren Umgang mit der Gesundheit … gab es bei Ihnen auch Veränderungen?
Ich habe nochmal festgestellt, wie sehr ich das Leben „draußen“, das Theater, das Kino, das Museum, das Ausgehen liebe. All das mit Menschen zu teilen, ist für mich selbst, aber ich denke auch gesellschaftlich, sehr wichtig.

Wenn Sie einen Wunsch frei hätten, welcher wäre das?
Dass wir Menschen nicht darüber diskutieren, ob wir den Verzicht auf das eine oder andere akzeptieren können, sondern einfach miteinander und füreinander an einem Strang ziehen. Und dass wir mehr auf uns alle acht geben, ohne Unterschiede zu machen, auf die wir kein Anrecht haben.

Ins Kino gehen ist für mich … ein perfektes Abendprogramm.

Sonntagmorgen ist … bestenfalls für mich der Tag ohne Wecker.

Ich werde schwach bei … gutem Humor.

Schönheit bedeutet für mich … Stimmigkeit, innen und außen.

Endlich Urlaub und dann geht es … ab in den Zug und quer durch Europa