Irgendwo im Nirgendwo. So ließe sich unser aktueller Stellplatz umschreiben. Wenn er nicht schon den wunderschönen Maori-Namen Tekapo hätte, was so viel bedeutet wie „Schlafplatz unter den Sternen“. Zur Erklärung: Die Gegend um den Mount Cook Nationalpark gehört in mondlosen Nächten zu den dunkelsten Orten Neuseelands. Die Stabilität und Transparenz der Erdatmosphäre sowie die fehlende Luftverschmutzung sind dafür verantworlich. Auch Autolichter, Taschenlampen und Handydisplays sind nachts verboten, was den Ort optimal zur Sternenbeobachtung macht. Mit einem neuseeländischen Brew in der Hand sitzen wir also vor unserem Camper am Lake Tekapo und über uns breitet sich – eine wohlige Gänsehaut hervorrufend – das wohl intensivste Sternenfirmament auf, das wir je in unserem Leben gesehen haben. Ganz fest brennen wir dieses glückliche Ereignis in unser Gedächtnis ein, um es für immer abzurufen.

Farbenspiele für die Sinne

Doch der momentane Glückszustand weicht auch am nächsten Tag nicht. Als sich die Sonne über den Horizont schiebt, rückt sie einen neuen Hauptdarsteller ins Rampenlicht: einen strahlend türkisfarbenen See, dessen Farbe wohl eher an die Karibik erinnert. Seinen intensiven Ton verdankt der Lake Tekapo winzigen Gesteinspartikeln, die aus dem in der Nähe liegenden Gletscher stammen und durch das Wasser transportiert werden. Ganz leise hören wir hin und wieder sogar ein Donnern in der Ferne, wenn ein Eisbrocken des Gletschers abbricht und in die Tiefe kracht.

Und wäre dieses Szenario noch nicht genug, thronen im Hintergrund unseres Morgenpanoramas auch noch die schneebedeckten Neuseeländischen Alpen, mit ihren 22 (!) 3000ern sowie dem Königsberg Mount Cook, dessen Spitze wir direkt vom Camper aus einem Nebelmeer herauslugen sehen. Natürlich möchten wir den Giganten, der mit seinen 3754 Metern Höhe als der höchste Berg in Ozeanien gilt, auch aus der Nähe betrachten. Anders als zahlreiche Alpinisten, die den Gipfel für Höhentrainings vor einer Besteigung des Mount Everest nutzen, bummeln wir zwischen Stachelschwein-Sträuchern, dornigen Matagouri-Pflanzen und unter kreisenden Maorifalken in einer 45-minütigen Wanderung am Fuße des Bergs im Mount Cook National Park. Nicht weit in Luftlinie von hier liegt unser nächstes Ziel, auf der anderen Seite der Alpen an der Westküste.

Mit dem Auto sind es allerdings rund sieben Stunden, da wir die Berge großzügig umfahren müssen. Dort angekommen, warten die einstmals spektakulären Fox- und Franz-JosefGletscher, die heute eher traurige Zeitzeugen des Klimawandels sind und allein daher auf der Sightseeing-Liste stehen sollten. Für Foto- und Naturfans lohnt sich allerdings eher ein weiteres Seenjuwel: Der Lake Matheson gilt als klarster See Neuseelands und bietet mit seiner Spiegelfläche das perfekte Fotomotiv. Unten und oben lösen sich vor unseren Augen und auf dem Bild einfach auf. Aber in Neuseeland verlieren Raum und Zeit sowieso schnell an Bedeutung.

Text: Anna Bader

Das komplette Special über Neuseeland inklusive Hoteltipps wurde in SPA inside 2/2021 veröffentlicht – die auch als E-Paper erhältlich ist!