Ob hier in diesem prunkvollen Saal wohl einst die Nonnen gemeinsam gebetet haben? Ob sie schweigend durch die schmalen Wandelgänge gegangen sind? Sich in den Zimmern mit den hohen Decken demütig zur Nacht legten? Wird wohl so gewesen sein. Das Wichtigste gleich vorweg: Nein, mit dem kargem Alltag der Gottesdiener hat das August heute rein gar nichts mehr zu tun. Doch der Hauch der Geschichte weht durch quasi jeden Winkel des Luxus-Hotels im Antwerpener Stadtteil Berchem. Aber alles der Reihe nach.

Im Groen Kwartier – dem grünen Viertel also, seiner Parks und Gärten wegen heute so genannt – gab es noch bis vor wenigen Jahren ein riesiges Kasernengelände der belgischen Armee. Eine eher düstere Ecke, bis die Stadt ein Militärkrankenhaus samt Gebäuden nebenan zu schmucken Wohnhäusern umbauen ließ, Fahrradwege anlegte, Spielplätze baute. Und schlagartig ein völlig neues Lebensgefühl heranwuchs. Auf dem Gelände stand auch ein altes Augustinerkloster, an dem der Zahn der Zeit tüchtig nagte. Die Nonnen, noch bis in die 1980er-Jahre hier heimisch, zogen aus. Dafür rückte Vincent Van Duysen an – der Architekt und Designer gilt in seiner Heimat als Star. Aus fünf denkmalgeschützten Gebäuden im neoklassizistischen Stil schuf er behutsam einen edlen Herbergsbetrieb, der nun quasi das Gegenteil eines bescheidenen Klosters ist. Hohe Holzdecken, Fenster mit Rundbögen, dunkle Bodenfliesen: Ganz dezent wurde das Interieur aufgepeppt – und wirkt heute ebenso klassisch-edel wie stylisch und modern.

Kein Weihwasser – dafür Cocktails

Vor allem der große Saal als Herzstück des August ist ein wahrer Hingucker: Statt des Altars gibt es eine kleine Bar, an der auch das Frühstücksbuffet serviert wird. Harte Holzbänke wichen gemütlichen Ecksofas mit weichen Kissen. Und Weihwasser? Nun ja, dann schon lieber am Abend einen Cocktail.

Wer das Hauptgebäude des August betritt, links an der Rezeption vorbei geht und über einen kurzen Gang ins Nachbarhaus wechselt, der steht vor den Türen des kleinen, feinen Spas. Adèle Charue leitet hier als Managerin die Geschicke – und das mit gerade 24 Jahren. „Wer zu uns kommt, sucht Ruhe und legt auf Privatsphäre wert“, erklärt sie und läuft die schmale Treppe nach unten.

Relaxen ganz privat

Während oben die Behandlungsräume für Massagen und Facials liegen, ist unten das wahre Wellness-Paradies. Bis zu sechs Gäste finden hier Platz. Das heißt: Wer das Spa bucht, ist komplett unter sich – kann Sauna und Dampfbad wahlweise allein nutzen oder mit Freunden und Familie in kleiner Gruppe zusammen entspannen. Fernöstliche Musik kommt dezent aus den Lautsprechern, doch geht es nicht ausdrücklich asiatisch zu – weder bei den Behandlungen noch bei der Ausstattung. Stattdessen: viel Stein und dunkles Holz, dazu gemütliche Kuscheldecken und breite Liegen. Gepflegt wird mit Produkten der Marke Bamford aus der Nähe von London – zu 100 Prozent organisch und mit eigenen Massage-Ritualen, die noch dazu an die Wünsche der Gäste angepasst werden. Den Sprung in den kleinen Außenpool am Spa konnten die Nonnen nicht wagen – denn der ist neu entstanden. Doch so viel darf spekuliert werden: Sie hätten vermutlich Gefallen daran gefunden.

HOTEL AUGUST
Das Mitglied der Design Hotels liegt in Antwerpen-Berchem. Zug oder Auto bis Flughafen Brüssel: 60 Minuten. Altstadt: zehn Minuten mit der Straßenbahn. www.august-antwerp.com