Es ist still. Der würzige Geruch des warmen Öls steigt mir in die Nase. Ich höre und spüre nur das synchrone Streichen von vier Händen auf meiner Haut. Als ob ein unsichtbarer Dirigent den Takt angeben würde – hin und her. Die Beine entlang, die Arme, am Kopf … alles wird von den beiden Therapeuten im absoluten Gleichklang massiert, nicht zu stark, nicht zu schwach. Abhyanga heißt diese Massage, die mich nach kurzer Zeit in einen wohligen Dämmerzustand versetzt.

Panchakarma-Kuren an der Mosel

Ich bin im Parkschlösschen in Traben-Trabach. Das in einem weitläufigen Park gelegene denkmalgeschützte Jugendstil­haus gilt als eines der ersten ganzheitlichen Ayurveda-Hotels Deutschlands. Seit 1993 wird hier die Lehre, die in Indien und Sri Lanka als anerkannte Heilkunst den Status einer Volksmedizin hat, praktiziert. Die Idee, an der Mosel ein Zentrum für diese Heilkunst entstehen zu lassen, hatte der IT-Unternehmer Wolfgang Preuß – aus einer persönlichen Erfahrung heraus. Erstklassig sollte es sein und auf höchstem Niveau. Dass das gelang, zeigen nicht nur die zahlreichen Auszeichnungen, die das Parkschlösschen bekommen hat. Sondern vor allem die immer wiederkehrenden Gäste. Rund 30 Prozent von ihnen reisen sogar aus dem Ausland an, so wie Peter. Er kommt aus der Tschechischen Republik und das bereits zum fünften Mal. Natürlich habe er auch schon eine Ayurveda-Kur woanders probiert, sogar in Indien. „Aber keine ist vergleichbar mit dem Parkschlösschen“, so das Fazit des Geschäftsmannes. Er lobt die Qualität der Behandlungen, die Konzentration auf jeden einzelnen, die angenehme private Atmosphäre und die Herzlichkeit der Mitarbeiter.

Celeste ist eine von ihnen. Sie empfängt die Gäste zum Essen. Sie serviert nicht nur am Morgen die warmen Hirseflocken und abends die Gemüsesuppe, sondern verteilt Behandlungs­pläne und Medikamente. Neuankömmlingen erklärt sie gedul­dig wo die Therapieräume und die Ärztezimmer sind, mit den anderen scherzt sie über Gott und die Welt.Von jedem, der den hellen Speisesaal betritt, kennt Celeste den Namen. Ein warmer Händedruck, ein verschmitztes Lächeln. Das tut gut, man fühlt sich willkommen und geborgen. Das ist wichtig, denn der erste Schein trügt bei vielen Gästen. Viele von ihnen, vor allem die, die wiederholt anreisen, sehen Ayurveda als Prä­ventionskur. Aber nicht selten ist das Parkschlösschen auch Anlaufstelle, wenn herkömmliche Therapien nicht (mehr) helfen oder ein Burnout droht. Und das gilt für Männer wie Frauen gleichermaßen, die in Traben-Trabach einchecken. 80 Prozent der Gäste buchen eine Panchakarma-Kur, schließlich gilt das Haus in Rheinland-Pfalz als Spezialist für die Königs­therapie des Ayurveda.

Dass es dabei ans Eingemachte geht, weiß man spätestens dann, wenn man den Plan für zuhause bekommt – bevor die Kur beginnt. Ein, zwei Wochen vor dem Start sollte man auf Kaffee, schwarzen Tee, Alkohol und tierische Eiweiße, also Wurst, Fleisch, Fisch und Milchprodukte, verzichten. Statt­dessen gekochtes Gemüse und Getreide essen, dazu Kräuter­tee und viel warmes Wasser trinken.

Unser Puls verrät alles

„Geben Sie mir mal Ihre Hände.“ Dr. Erika Helene kommt gleich zur Sache. Ihr Zimmer ist recht schmucklos. Schreib­tisch, Schrank, eine Liege. Durch das Fenster schaut man in den Park. Sie reibt noch ein wenig ihre Hände warm, dann ein tiefer Atemzug und sie fühlt meinen Puls. Ich spüre hin und wieder einen leichten Druck an den Handgelenken, dann nach etwa einer Minute lässt Dr. Helene wieder los. Routi­niert schreibt sie ein großes V mit drei Pluszeichen auf ein Kärtchen: „Sie sind ein Kapha-Pitta-Typ.“ Ich schaue etwas skeptisch, schließlich hatte eine Konsultation bei einem an­deren Ayurveda-Experten vor Jahren etwas anderes ergeben. Kann sich denn der Konstitutionstyp ändern? „Nein!“, so ihre klare Antwort. Die Pulsdiagnose sei eindeutig. „Im Übrigen würden Sie, wenn Sie ein anderer Typ wären, schon längst um­gekippt sein, bei ihrem Arbeitspensum, den vielen Reisen und den Kindern …“ Die 59-Jährige schmunzelt etwas. Warum Journalisten immer alles hinterfragen und bezweifeln müssen. Und wie ist das nun mit der Pulsdiagnose? Spürt man tatsäch­lich den aktuellen Gesundheitszustand, die Konstitution, die Anlagen? Ich lasse nicht locker und erfahre, dass während ihrer Ausbildung allein das Erlernen des „Pulslesens“ drei Jahre gedauert hat.

Die ayuvedische Pulsmessung ist das wichtigste Diagnose- Instrument. Geübte erspüren durch die Gewebeschichten hindurch kleinste Veränderungen, wie Rhythmus, Tiefe oder auch die Form des Pulses. So soll der Vata-Puls beispielsweise schlängeln und der von Pitta-Typen hüpfen. Der Kapha-Puls gleitet dahin. Vata, Pitta und Kapha, das sind die sogenann­ten Doshas. Jeder Mensch hat, angeboren, eine ganz indivi­duelle Dosha-Konstitution. Kommt es zu Disharmonien in den Doshas und werden diese nicht ausgeglichen, kann es zu Störungen kommen, die sich bis hin zu Krankheiten äußern.

Die Empfehlungen in den Alltag integrieren

Dr. Erika Helene hatte eigene gesundheitliche Probleme, die sie erst Heilpraktikerin werden ließ. Anschließend studierte sie sieben Jahre an der Maharishi University of Management in Iowa, USA, und promovierte in Physiologie und Ayurve­discher Medizin. Ihre medizinische Laufbahn startete die resolute Deutsche in den USA, bis sie im Juli 2013 ihre eige­ne private Ayurveda-Praxis in Bad Neuenahr eröffnete. Seit Januar 2015 ist nun Dr. Helene im Parkschlösschen-Team und, wie ich finde, eine echte Bereicherung.

Noch eine letzte Frage habe ich an sie. Was bedeuten die drei Pluszeichen hinter dem V? Mein Vata sei im Ungleichgewicht und da müsse ich einfach etwas tun. Mehr Ruhe, um wieder zu Kräften kommen, rät mir Dr. Helene. Und dann muss ich noch auf die Liege. Auf die Hüfte solle ich künftig achten und dann gibt sie mir noch ein paar praktische Übungen für zuhause mit auf den Weg. An das Therapieteam geht der Zettel mit meinen Behandlungsempfehlungen.

Ein letztes Mal gleiten vier Hände über den Körper und das Gesicht, die mir verordnete Ganzkörper-Öl-Synchronmassage ist beendet. Ich bin so benommen, dass die beiden Thera­peuten mir beim Aufstehen helfen und mich sanft nebenan in ein bereits vorbereites Bett legen. Und dann schlafe ich so tief und fest wie lange nicht mehr.

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Ayurveda Parkschlösschen

Man findet das Parkschlösschen im idyllischen Traben-Trarbach an der Mosel in Rheinland-Pfalz.info@parkschloesschen.de, www.ayurveda-parkschloesschen.dePanchakarma-Kur, 10 Tage: 2200 Euro, Zimmerpreise (beinhalten tägliche Vorträge, das Yoga- und Bewegungsprogramm) ab 160 Euro, ayurvedische Vollpension 65 Euro.

Fotos: (c) Ayurveda Parkschlösschen / Thomas Lemmler