Ein verwitterter Markuslöwe prangt über dem Stadttor von Motovun. Weinreben wachsen an den Hängen des Hügels, und unten im Tal schlängelt sich glitzernd der Fluss Mirna durch Eichenwälder. Im Mittelalter herrschte hier im Hinterland von Istrien die Lagunenstadt Venedig. Kein Wunder also, dass mich hier vieles spontan an die Toskana erinnert. Ich drehe eine Runde auf der begehbaren Stadtmauer von Motovun. Von einem Hinterhof klingt Bellen herauf. Diese Labradore sind keine gewöhnlichen Tiere, denn ihre Nasen sind Gold wert: Es sind Trüffelhunde. Motovun ist das Mekka der kroatischen Trüffelsucher. Vor gut 15 Jahren entdeckte die Hündin Diana in den Eichenwäldern ein 1,3 Kilo schweres Exemplar – und brachte ihrem Herrchen damit einen Eintrag ins Guinessbuch der Rekorde ein. So schwer war das gute Stück, dass über mehr als ein Jahrzehnt niemand diesen Rekord brechen konnte. Zurückhaltend, fast schüchtern wirkt der schwarzhaarige Guinessbuch-Rekordhalter mit den braunen Augen.

Doch seinen Sensationsfund wusste Giancarlo Zigante geschickt zu vermarkten. Heute lenkt er von Motovun aus ein kleines Feinschmeckerimperium. In seinem Lädchen gibt es alles, was sich Liebhaber des Edelpilzes nur wünschen können: Trüffelpaste mit Steinpilzen und würziges Öl, Marmeladen und Honig, verfeinert mit dem istrischen Edelpilz. Doch schwarze und weiße Trüffel sind nicht die einzigen Pfründe, mit denen Istrien wuchern kann: An silbrigen Olivenbäumchen wächst der Grundstoff für einige der besten Feinschmecker-Öle Europas. Und dann ist da noch der Teran. Diese uralte Rebsorte gedeiht am besten auf den istrischen roten Böden, der Terra Rossa. Da könnte man meinen, kroatische Küche ist fast wie die italienische? Weit gefehlt. Es ist gerade die Mischung, die den Reiz ausmacht. Im Osten, in Slawonien, erinnert die deftige Küche ein wenig an das Ungarische, mit seinen Gulaschspezialitäten oder der würzigen Paprikawurst Kulen. In dieser Region entstehen auch die bekanntesten kroatischen Weißweine. Viele süße Nachspeisen hat die kroatische Küche der habsburgischen Besatzungszeit zu verdanken. Und was wäre das Land der tausend Inseln ohne seine Meeresfrüchte und Fischgerichte? Angesichts dieser Vielfalt kommt in der kroatischen Kulinarik wohl jeder Gaumen auf seine Kosten. Denn die besten Gerichte entstehen immer noch im Schmelztiegel der Kulturen.

Trüffel – Istriens weißes Gold Die Jagd auf die teuersten Speisepilze der Welt beginnt in Kroatien alljährlich Anfang Oktober. Schwarze und weiße Trüffel wachsen auf Istrien im Erdboden. Damit ist die Region neben Italien und Frankreich die einzige in Europa, in der Trüffel geerntet werden können – in einem guten Jahr immerhin bis zu zwölf Tonnen.